Vampir-Filme waren selten auf der Seite ihrer Protagonisten, allenfalls bewunderten sie ihre übernatürlichen Fähigkeiten, ihre aggressive Erotik, ihre feudalistischen Allüren. Erst mit Interview With a Vampire wurde den Untoten ein Gewissen – oder zumindest die frivole Fähigkeit zur Selbstanalyse zugestanden. John Ajvide Linqvist, Autor des Bestsellers Låt den rätte komma in, zugleich Drehbuchautor für Thomas Alfredsons' kongeniale Verfilmung So finster die Nacht, hat die Konventionen des Genres noch gründlicher auf den Fledermauskopf gestellt. Als dekadenter Held einer therapiebedürftigen Endzeit, der alles verstehen, aber nichts (nach)fühlen kann, ist der moderne Vampir auf die Emotionen anderer angewiesen. Getötet wurde der Vampir im Film oft, aber dennoch ist sein erlösungsbedürftiger Archetyp immer auferstanden. Seit True Blood und anderen filmischen Mensch-Vampir-Amouren wissen wir: Der Vampir sucht nicht das Licht, er sucht die Nähe. Gott kann er nicht ertragen. Doch vielleicht den ebenso erlösungsbedürftigen Menschen.
Referentin: Heike Kühn, Filmkritikerin und Schriftstellerin
13.00-17.00 Uhr
Kerstin Grünwaldt, Tel.: 0511 1241-432, Fax: 0511 1241-970
Email: gruenwaldt@kirchliche-dienste.de
Anmeldung bis 30.10.2014