Zum Gedenken an Ambros Eichenberger (1929-2006)
Brüssel/Zürich/Bern, 26.10.06 (hh) – Mit Ambros Eichenberger, dem Schweizer Dominikanerpater OP und ehemaligen Präsidenten der Internationalen Katholischen Filmorganisation (OCIC), ist ein Pionier der katholischen Filmarbeit gestorben. Er starb nach langer Krankheit in seinem 78. Lebensjahr im Pflegeheim Steinhof der Barmherzigen Brüder in Luzern. Als einer dem Geist des II. Vatikanums verpflichteter Geistlicher war er ein hoch geschätzter ökumenischer Partner und Vermittler zwischen Kirche und Gesellschaft.
Ambros Eichenberer, geboren am 13. Januar 1929, wuchs in Beinwil im aargauischen Seetal auf. Nach der Matura in Engelberg trat er in den Dominikanerorden ein und studierte Germanistik und Romanistik in Wien sowie Philosophie und Theologie an den Universitäten von Paris (Sorbonne) und Fribourg. 1958 wurde er zum Priester geweiht und gehörte zur ersten Gruppe von Predigerbrüdern, die nach der Reformation nach Zürich zurückkehrten.. Er unterrichtete in Zürich als Gymnasiallehrer für Religion und Philosophie und legte mit der Einrichtung des „Foyers Augustinerhof“ die Grundlage für den Aufbau der katholischen Mittelschulseelsorge. Viele seiner ehemaligen Studenten erinnern sich bis heute, mit welchem Erfolg er ihnen damals mit Filmen den Blick für die Kulturen des Südens öffnete. Nach der Teilnahme am Generalkapitel des Dominikanerordens im Jahr 1970 in Lateinamerika unternahm er eine einjährige Reise um den Erdball, um sich auf seine neue Arbeit vorzubereiten. Er publizierte über seine Erfahrungen und Einsichten zahlreiche Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung, ZOOM, Film-Dienst und Ciné&Media.
1972 wurde Ambros Eichenberger Leiter des Filmbüros der Schweizerischen Katholischen Filmkommission in Zürich und trat damit die Nachfolge der Jesuiten Charles Reinert und Stefan Bamberger an. Damit wurde er Kollege und Partner von Dölf Rindlisbacher, dem damaligen Filmbeauftragten des Evangelischen Mediendienstes, sowie Maurice Terrail vom Office Protestant du Cinema in Lausanne und Yvan Stern, dem Medienbeauftragten des Bistums Fribourg und Genf. Im Geist der damals lebendigen oekumenischen Bewegung entwickelten sie im Bereich der kirchlichen Filmarbeit eine fruchtbare Zusammenarbeit. Sie dokumentierten das Programm ihrer Verleihstellen Selecta-Film und ZOOM-Verleih in einem gemeinsamen Katalog und strebten die Zusammenlegung der kirchlich verantworteten Filmzeitschriften an. Aus „Film und Radio“ und „Filmbeobachter“ wurde ZOOM. Mit der Unterstützung des damaligen Direktors Moritz de Hadeln richteten sie 1973 am Internationalen Filmfestival Locarno die erste oekumenische Filmjury ein und trugen dazu bei, dass die am Internationalen Filmfestival in Cannes bisher getrennt aufgetretenen Filmorganisationen INTERFILM und OCIC 1974 ebenfalls eine oekumenische Jury etablierten.
1975 besuchte Ambros Eichenberger als Vice-Präsident von OCIC Senegal, wo er u.a. auch dem Filmemacher Ousmane Sembene begegnete. Dabei entwickelte sich die Einsicht in die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zwischen dem Katholischen Filmbüro Senegals und den einheimischen Filmemachern. Er brachte Filme aus den Ländern des Südens mit einer befreiungstheologischen Ausrichtung in den Verleih und verstärkte mit Hilfe der Hilfswerke in der Schweiz die Unterstützung von Filmemachern, die mit ihren Filmen den Blick für die Ausbeutung der Armen schärften. Pionierhaft waren die entwicklungspolitischen Seminare und Workshops, die er Jahr für Jahr auf Anregung von Fee Vaillant am Filmfestival Mannheim durchführte, und die im con-Verlag erschienene Schriftenreihe „Dritte kontra Hollywood – Filmemacher aus Lateinamerika, Afrika, Asien im Gespräch mit Ambros Eichenberger“ hatte programmatischen Charakter.
Leidenschaftlich suchte Ambros Eichenberger nach Spuren des Religiösen im Film und brachte diese im Rahmen des Dialogs über „Film und Spiritualität“ ins Gespräch. 1978 wurde er Berater und von 1985 bis 1991 Mitglied der Päpstlichen Medienkommission und 1980 wurde er in Nairobi zum Präsidenten von OCIC gewählt. Hand in Hand mit Robert Molhant, dem Generalsekretär, trug er bis zu seinem 1991 erfolgten Rücktritt stark zur Entwicklung und Dynamisierung der Organisation bei. Mit seiner Präsenz markierte er nicht nur die Bedeutung des Films für die internationale katholische Gemeinschaft, sondern auch die Berufung der Kirche, den Film als Mittel zu nutzen, Brücken zu bauen und den Dialog mit Menschen unter kommunistischen Regimes (China, Russland, Kuba) oder Menschen anderer Religionen zu pflegen – das Bild seiner Begegnung mit Fidel Castro am Filmfestival von Havanna bleibt unvergessen.
Auch als Mitglied der Tarkovski-Gesellschaft (Zürich und Moskau), die sich für die Verbreitung des Werkes des russischen Regisseurs Andrej Tarkovski einsetzte, machte er sich verdient. Nicht von ungefähr gab es unter seinem Präsidium 1989 auch in Moskau, 1990 in Leipzig und 1994 in Karlovy Vary erstmals eine oekumenische Jury. Dabei spielte auch die Tatsache eine Rolle, dass sein damaliger protestantischer Partner als Filmbeauftragter der Reformierten Medien seit 1989 die Verantwortung für die Jurykoordinaton von INTERFILM inne hatte. Schon in ihrer früheren beruflichen Tätigkeit als Gymnasial- bzw. Seminarlehrer pflegten Ambros Eichenberger und Hans Hodel eine freundschaftliche oekumenische Zusammenarbeit und diese setzte sich in manchen Bereichen der Filmarbeit bis zu seinem Rücktritt im Jahr 1994 erfolgreich fort.
Nach seinem Rücktritt präsidierte er von 1994-1998 die Filmkommission der Stadt Zürich, die ihn 1998 für seine langjährige „filmkulturelle Vermittlungsarbeit“ mit dem Filmpreis der Stadt Zürich ehrte. Er habe „ganz wesentlich“ dazu beigetragen, „die Grenzen einer vordem stark auf Europa fixierten filmischen Wahrnehmung auszuweiten auf die Produktion anderer Regionen, insbesondere auf das Filmschaffen aus Afrika, Asien und Lateinamerika“, schrieb die städtische Filmkommission in ihrer Würdigung. Mit seiner „zurückhaltenden Art“ habe sich Eichenberger „in den Dienst dieses anderen Kinos gestellt gestellt und so einen wesentlichen Beitrag zu dessen Verständnis und breiterer Akzeptanz geleistet“.
INTERFILM erinnert sich dankbar an die konstruktive Zusammenarbeit, die sich unter seinem Präsidium mit OCIC (heute: SIGNIS) entwickelt hat. Zahlreiche seiner Initiativen wirken bis heute nach. Sein weltweites Engagement für den Dialog und den Bau von Brücken der gegenseitigen Verständigung bleiben allen unvergessen, die ihm begegnet sind.