Der Preis der Ökumenischen Jury beim Filmfestival achtung berlin, dotiert mit 1.000 Euro, gestiftet vom X Verleih, geht an den Dokumentarfilm MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT - BYUNG-CHUL HAN IN SEOUL / BERLIN von Isabella Gresser.
Die Jury-Mitglieder waren in diesem Jahr: der Schauspieler Roland Avenard, die Schauspielerin und Filmkritikerin Dorothea Holloway, der Kunstbeauftragte des Erzbistums Berlin, Pater Georg Maria Roers SJ und der evangelische Pfarrer Roland Wicher.
In der Laudatio schreibt die Jury: „Der Film widmet sich dem Denken und Leben des Philosophen Byung Chul Han. Wir begleiten seine winterliche Reise von Berlin nach Korea, die er selbst in ruhigem 'voice over' kommentiert.
Die koreanische Gesellschaft erweist sich als 'Müdigkeitsgesellschaft' im fortgeschrittenen Stadium. Freiheit verkehrt sich in von digitalen Medien bestimmten Zusammenhängen in ihr Gegenteil. Der Zwang zur ständigen Produktion und Verarbeitung von Information treibt die Selbstausbeutung der Menschen in immer neue Höhen. Die Kehrseite ist unsere freiwillige Auslieferung an den neoliberalen Kapitalismus. Als Symptom sieht Han den exzessiven Gebrauch des Smartphones. Erschöpfungskrankheiten und Suizidalität sind die Folge nicht nur in Korea. Weltweit ist die Reiz- und Informationsüberflutung zu einer Bedrohung analogen Lebens geworden.
In kontemplativen Momenten des mühelosen Wanderns, der Erfahrung der Leere, ja der Müdigkeit selbst, kann sich eine neue Sicht auf unsere heutige Welt auftun. Hier eröffnet der Film die förmlich spirituelle Vision einer Alternativgesellschaft. In seinem Schlussbild nimmt der Film das Tempelhofer Feld als leeren, zum Flanieren und Spielen (homo ludens) einladenden Ort in den Blick. Für Han wird er zum Vorhof eines asiatischen Tempels. Der Film ist in seinen filmischen Mitteln sehr gut durchkomponiert.
Für diese hervorragende filmische Präsentation eines komplexen philosophischen Diskurses, der um dringliche Themen unserer Zeit kreist, und den beeindruckenden Einsatz von Kamera, Schnitt und Ton geht der Preis der Ökumenischen Jury an die Regisseurin Isabella Gresser, die 'Müdigkeitsgesellschaft' in mehreren Jahren erarbeitet hat.“