Bericht von Hans Hodel, INTERFILM

"In diesem Jahr hatten wir eine äußerst hohe Programmqualität, volle Kinos und extrem produktive Branchenangebote. Wir haben innovative Veranstaltungsformate ausprobiert und sehr erfolgreich die neue DOK Training-Plattform eingeführt. Fachbesucher und Publikum waren begeistert - das 54. DOK Leipzig war unser bisher erfolgreichstes Festival!", sagte Festivaldirektor Claas Danielsen zum Abschluss des 54. Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar und Animationsfilm, und er äußerte sich natürlich hoch erfreut über das große Interesse am künstlerischen Dokumentar- und Animationsfilm: "Es beeindruckt mich zutiefst, dass viele junge Menschen in unsere Festivalkinos drängen, um anspruchsvolle Dokumentar- und Animationsfilme zu sehen. Mit häufig komplett ausverkauften Vorstellungen stoßen wir fast an unsere Kapazitätsgrenzen. Deutlich wird dadurch: Der Bedarf an Dokumentarfilmen, die uns ein tiefes Verständnis der Welt und der Zeit in der wir leben vermitteln, ist enorm – und er wächst stetig."

Anerkannter Branchentreffpunkt

Das Leipziger Festival ist nicht nur ein Zuschauermagnet, sondern auch ein weltweit anerkannter Branchentreffpunkt. Gemäss offizieller Mitteilung des Festivals akkreditierten sich aus 58 Ländern insgesamt 1431 Fachbesucher; damit konnte das Rekordniveau des vergangenen Jahres gehalten werden. Die umfassenden Angebote von DOK Industry wurden von Filmemachern, Redakteuren, Dokumentarfilmproduzenten und Einkäufern aus aller Welt durchweg positiv aufgenommen und rege besucht. Bei vielen Veranstaltungen wurden die Kapazitätsgrenzen erreicht. Das gilt auch für die  Angebote der neuen DOK Training Plattform, die in diesem Jahr erfolgreich eingeführt wurde. Der digitale DOK Markt wurde von den Fachbesuchern ebenfalls intensiv genutzt. An den Sichtungsplätzen standen elektronisch 450 Filme zur Verfügung – auch das ein neuer Rekord. Christine Hille, Leiterin von DOK Industry zog ein positives Festivalfazit: „Ich bin vom Erfolg unserer Veranstaltungen sehr positiv überrascht, denn wir haben viele neue Diskussions- und Präsentationsformate ausprobiert. Insofern war es ein kleiner Neustart, der absolut gelungen ist. Die vielen Fachbesucher lobten die lockere, entspannte und persönliche Atmosphäre bei DOK  Leipzig. „Hier kann man auf Augenhöhe diskutieren und gleichzeitig professionelle Geschäftsbeziehungen aufbauen und pflegen.“

17 Preise mit einem Rekordpreisgeld von 74.500 Euro vergeben

Bei der feierlichen Abschlussveranstaltung im Leipziger Central-Theater am Samstagabend wurden in einer sich über drei Stunden hinziehenden, aber abwechslungsreich gestalteten Zeremonie 17 Preise vergeben, allen voran die Goldenen und Silbernen Tauben. Der Hauptpreis im Internationalen Wettbewerb für Dokumentarfilm, gestiftet von der Telepool GmbH (10.000 EUR), ging an „El lugar más pequeno (The Tiniest Place) von Tatiana Huezo (Mexico), die dafür auch den Preis des Fachbereichs Medien und Kunst in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gewann. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass der Film bereits am Festival Visions du Réel in Nyon 2011 überzeugt und den Hauptpreis gewonnen hat und auch mit dem Preis der Interreligiösen Jury von INTERFIM und SIGNIS ausgezeichnet worden ist. .

Da die hervorragend neu gestaltete Website des Festivals ausführlich über die vergebenen Preise berichtet, sei an dieser Stelle speziell bloss der Preis der Ökumenischen Jury hervorgehoben, nicht zuletzt deshalb, weil er durch die  VCH-Hotels Deutschland im Verband Christlicher Hoteliers e.V., einschliesslich des Hotels Michaelis in Leipzig, erstmals mit einem Preisgeld von €  2‘000 ausgestattet ist. Der Preis ging an den Film "Work Hard – Play Hard" der jungen Filmemacherin Carmen Losmann, der gleichzeitig auch mit dem Preis der internationalen Filmkritik FIPRESCI und von der Jury für den Healthy Workplaces Film Award ausgezeichnet worden ist.
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Filmpreis "Leipziger Ring" zum zweiten Mal verliehen

Bereits am Vorabend verlieh die Stiftung Friedliche Revolution im Rahmen von DOK Leipzig in der Nikolaikirche den mit € 5‘000 dotierten Filmpreis "Leipziger Ring", in dessen Jury mit Thomas Bohne (Leipzig) und Margrit Frölich (Frankfurt/Main) ebenfalls zwei Mitglieder der Ökumenischen Jury mitwirkten. Ausgezeichnet wurde aus zehn nominierten Produktionen der Film "Fragments of a Revolution" einer/eines (aus Sicherheitsgründen) anonymen iranischen Filmemachers. Der Dokumentarfilm handelt von der gescheiterten Grünen Revolution im Iran vor gut zwei Jahren. Er zeigt Bilder der iranischen Revolution und die sehr persönliche Reflexion ihrer Niederlage. Dafür verwendet wurden neben offiziellen Aufnahmen auch zahlreiche mit Handys aufgenommene Filmsequenzen, wie sie Beteiligte damals – oft mit großem Risiko - ins Internet gestellt haben.

Bei der festlichen Veranstaltung in der Leipziger Nikolaikirche, die im Herbst 1989 Ausgangspunkt für die großen Montagsdemonstrationen in der Messestadt war, sagte der Vorsitzende der Stiftung, Professor Dr. Rainer Vor, dass mit dem Film zugleich all jene geehrt werden sollen, ohne die der Film erst gar nicht hätte entstehen können. Die Preisträgerin erhält neben dem Preisgeld auch die Statuette "Leipziger Ring", die dem Innenstadtring nachempfunden ist, über den im Herbst 1989 die Demonstranten gezogen sind. Da weder die Filmemacherin noch ein Vertreter der Produktionsfirma an der Preisverleihung teilnehmen konnten, wurden Statuette, Urkunde und Preisgeld vom Stiftungsvorstand symbolisch auf einem leeren Stuhl abgelegt. Dabei verwies der frühere Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer auf den friedlichen Verlauf der Veränderungen im Herbst 1989 in der DDR. Nötig sei, die Erfahrungen von damals weiterzugeben und diejenigen zu unterstützen, die sich anderenorts für Veränderungen in ihrer Gesellschaft einsetzen. Auch dazu wolle der diesjährige Filmpreis beitragen.

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