Filmfestivals - Ein Archipel glücklicher Inseln?
Wie seit Jahren üblich, hatten die Kirchen auch beim 59. Filmfestival Mannheim-Heidelberg zum Ökumenischen Empfang eingeladen. Karl Jung, Dekan der katholischen Kirche, begrüßte die Gäste im Katholischen Stadthaus am Markt. Das Motto des Festivals, „Zeit für Geschichten“, nutzte er zum Brückenschlag zwischen den „Erzählgemeinschaften“ Kino und Kirche: wie die Bibel biete auch das Kino eine Fülle von Geschichten, die sich mit den Erfahrungen und Problemen des menschlichen Lebens beschäftigten. Ein weniger harmonisches Bild des Verhältnisses von Kirche und Kino zeichnete im Anschluss Karsten Visarius, Leiter des Filmkulturellen Zentrums der EKD und Executive Director von INTERFILM. Die kirchlichen Preisträger der vergangenen Jahre seien so gut wie nie in deutschen Kinos gezeigt worden, so seine Beobachtung. Das Kinopublikum sei anscheinend nicht bereit, sich mit Filmen auseinanderzusetzen, die die Nöte der Menschen in der heutigen Welt nicht verleugnen wollten. Festivals kämen ihm vor wie ein Archipel glücklicher Inseln, auf denen welthaltige Filme noch eine Heimstatt fänden.
Diese Vermutung stieß auf entschiedenen Widerspruch von Festivaldirektor Michael Kötz, der spontan zum Mikrofon griff. Der Zuspruch des Publikums zu den Filmen des Festivals belege im Gegenteil, dass die Zuschauer durchaus auch für anspruchsvolle Themen zu gewinnen seien. Einig waren sich beide Redner allerdings in der Kritik an den Strukturen eines Kinomarktes, auf dem Festivalfilme nur selten eine Chance erhalten. Die Ökumenische Jury, die von der Jurypräsidentin Marisa Villareale vorgestellt wurde, kann sich von den Erfolgsaussichten der Filme des Mannheimer Wettbewerbs nicht beeinflussen lassen. Sie orientiert sich an den Jurykriterien, die für den Ökumenischen Filmpreis künstlerisches Können, ethische und soziale Bedeutsamkeit und eine Haltung verlangen, die sich an der Botschaft des Evangeliums messen lassen muss. Für Gesprächsstoff bei dem vom evangelischen Dekan Günter Eitenmüller eröffneten Buffet war danach gesorgt.