Pionier der kirchlichen Filmarbeit in der Schweiz gestorben
Aufgewachsen im ländlichen Emmental hat Dölf Rindlisbacher schon früh Interesse am Film gezeigt und sein während des zweiten Weltkrieges absolviertes Theologiestudium in Bern mit Auslandaufenthalten und psychologischen Studien in England und Amerika ergänzt. Er war danach Gemeindepfarrer in Wengen und Bern, wo er u.a. auch am Gymnasium Kirchenfeld unterrichtete. Als 1966 von der Film- und Radiokommission der evangelisch-reformierten Kirchen der deutschen Schweiz nach langen Debatten die Stelle eines Filmbeauftragten beschlossen wurde, war Dölf Rindlisbacher die geeignete Person für die Übernahme dieser Funktion. Es war vor allem seine in der Jugendarbeit und im Unterricht am Gymnasium erworbene Fähigkeit zum analysierenden und vertiefenden Filmgespräch, welche die damalige Wahlbehörde von ihm überzeugte.
Erster Filmbeauftragter von 1967 bis 1984
Die Arbeit an der "Basis" ist Dölf Rindlisbacher seit seinem 1967 erfolgten Amtsantritt bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1984 wichtig geblieben. Der Film sollte in der vielgestaltigen kirchlichen Arbeit (incl. Gottesdienst) vor allem als Mittel zur Verkündigung seine Bedeutung bekommen und erhalten: Wie ist er gestaltet, was ist seine Aussage, wie kann er gedeutet, verstanden und eingesetzt werden? Dazu hat er für kirchliche Mitarbeiter in Heimstätten, Gemeindehäusern und an der Universität zahlreiche Kurse und Visionierungsveranstaltungen, sog. "Filmmessen", durchgeführt.
Wichtig war dabei der kontinuierliche und erfolgreiche Ausbau des Angebots von anregenden Kurz- und Spielfilmen im 16mm-Format im Verleih ZOOM, die er sowohl im Ausland wie in der Schweiz (zum Teil im direkten Kontakt mit den Filmemachern) beschaffte. Dazu gehörten u.a. Perlen wie "Charles mort ou vif" von Alain Tanner, "Die plötzliche Einsamkeit des Konrad Steiner" von Kurt Gloor, "Das zweite Erwachen der Christa Klages" von Margarethe von Trotta und viele andere. Unter den Kurzfilmen gab es nicht wenige, die bei den Verleihkunden über Jahre hinweg als richtige Hits galten. Dabei war die Herausgabe der Verleihkataloge Film-Kirche-Welt, die in Zusammenarbeit mit dem katholischen Verleih Selecta-Film erfolgte, ein unentbehrliches Werbe- und Informationsmittel. In diesem Zusammenhang entsprach der Aufbau einer Film- und Mediendokumentationsstelle, die von den zuständigen DokumentalistInnen immer stärker zu einem Auskunfts- und Beratungsinstrument entwickelt wurde, einer weitsichtigen Strategie.
Tätigkeit als Filmpublizist
Dölf Rindlisbacher publizierte in "film und radio" und im "ZOOM-Filmberater" Tagungs- und Festivalberichte, Filmkritiken und Arbeitshilfen zu den angebotenen Filmen, und er bildete Mitarbeiter aus, die in der Lage waren, Filmbeschreibungen und Praxisberichte zu verfassen. In diesem Zusammenhang erschien von ihm im Reinhardt Verlag Basel "Filmarbeit – praktisch" mit einer Einführung in filmkundliche Grundbegriffe, Grundlagen für das Filmgespräch und entsprechenden Modellen.
Im Inland war seine Fachkompetenz u.a. als Vertreter des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) in der Eidgenössischen Filmkommission (EFK) und in der Jury für Qualitätsprämien gefragt und fand grosse Anerkennung bei den Filmschaffenden.
Initiator der Ökumenischen Jury in Locarno 1973
International engagierte er sich im Leitungsausschuss von WACC Europa, der Weltvereinigung für Christliche Kommunikation, vor allem aber bei der Internationalen kirchlichen Filmorganisation INTERFILM, für die er u.a. 1978 in Bern eine internationale Tagung zum Thema des sozialkritischen Films durchführte. Natürlich war er mehrfach auch Mitglied kirchlicher Festivaljurys (nicht selten als deren Präsident) und initiierte 1973 am Filmfestival Locarno zusammen mit seinem katholischen Partner Ambros Eichenberger und dem damaligen Festivaldirektor Moritz de Hadeln die Einrichtung der ersten Ökumenischen Jury, die 2012 auf ihr 40jähriges Bestehen zurückblicken wird.
Pensionierung und Rückblick
Auch wenn er nach seiner Pensionierung für einige Jahre wieder aushilfsweise ins Pfarramt zurückkehrte, so blieb er durch zahlreiche lebendige Erinnerungen zeitlebens verbunden mit seinem prägenden Engagement als Filmbeauftragter, einem besonderen kirchlichen Amt, das er "mit Leib und Seele" ausübte, wie ihm anlässlich seiner Verabschiedung attestiert wurde. Mit besonderem Stolz blickte er u.a. nicht nur gerne zurück auf die Zeit, als er Franz Schnyder, den Regisseur der Gotthelf-Verfilmungen theologisch beraten konnte, sondern vor allem auch auf die Zusammenarbeit mit Peter von Gunten, mit dem zusammen er den an zahlreiche Fernsehanstalten verkauften Film "Der vierte König" produzieren konnte, ein nach der Legende von Edzard Schaper verfilmtes Schattenspiel.
Mit dem Tod von Dölf Rindlisbacher verliert INTERFILM ein Ehrenmitglied, das in seiner Geschichte einen wichtigen Platz behalten wird.