«Sich im Austausch über Filme kennen und schätzen lernen»

Bericht zur Arbeit der Ökumenischen Jury bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen 2018. Von Christian Murer
Ökumenische Jury Oberhausen 2018

Die Mitglieder der Ökumenischen Jury in Oberhausen 2018, v.l.: Christian Murer, Gudrun Hohenberger, Alexander Bothe (© Christian Murer)


Das Festival der 64. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen begann für die zahlreichen Jurys des internationalen Wettbewerbs bereits am Nachmittag des Eröffnungstages mit der Sichtung der letzten Wettbewerbsblöcke. Am Abend folgte die feierliche Eröffnung im Kino Lichtburg mit den Reden aus Kultur, Politik, Wirtschaft und von Festivalleiter Lars Henrik Gass. Insgesamt 53 Kurzfilme aus 33 Ländern umfasste das Programm des Internationalen Wettbewerbs, das die Ökumenische Jury während vier Tagen sichtete. Dazu kamen 17 Filme aus dem Kinder- und Jugendprogramm. Für die drei Mitglieder Alexander Bothe aus Deutschland (Jury-Präsident), Gudrun Hohenberger aus Österreich und Christian Murer aus der Schweiz war dies eine sowohl faszinierende wie grosse Aufgabe.

Drei Filme aus dem Wettbewerb ausgezeichnet
Beim Wettbewerb faszinierte die Jury besonders der chinesische Animationsfilm «Magnificent Obsession» des Chinesen Zhong Su – ein episches Kurzfilmkunstwerk. In harter Konkurrenz zu seiner Prämierung dazu stand zum einen die Geschichte «On the Waitlist» (Erh Hao Chiu Yi) der Taiwanesin Wu Hung Yi. Packend erzählt sie von zwei Frauen in einem jungen Frauen-Volleyballteam und den Herausforderungen von Freundschaft, Talent und Ehrgeiz. Des Weiteren stach der kanadische Film «Caterpillarplasty» von David Barlow-Krelina» hervor – ein düsteres, nasses, abstossend glitschiges Hochglanzportrait vergänglicher Schönheit. Beide Filme zeichnete die Jury mit einer Lobenden Erwähnung aus. 

Empfehlung eines Films aus dem Kinder- und Jugendkino
Bereits zum 41. Mal startete an den Kurzfilmtagen das Kinder- und Jugendkino. Da strömten jeweils frühmorgens Kinder und Jugendliche in die Lichtburg. Insgesamt 37 Filme aus zwanzig verschiedenen Ländern erzählten Geschichten, die inhaltlich und formal andersartig und doch wohlig vertraut erschienen. Bei diesem Wettbewerb gab es auch eine eigene Kinder- und Jugendjury. Aufgabe der Ökumenischen Jury war es, die Kinder- und Jugendfilme im Blick auf eine „Ankaufsempfehlung“ für Matthias Film und das Katholische Filmwerk zu beurteilen. Die Wahl fiel schließlich auf «Carlotta’s Face» von Frédéric Schuld und Valentin Riedl, ein einfühlsames und wundervoll animiertes Portrait von Carlotta, die als Kind merkt, dass ihre Mitmenschen keine Gesichter haben. Auch ihr eigenes Gesicht erkennt sie nicht. Erst viele Jahre später erfährt sie von einer seltenen, unheilbaren Gesichtsblindheit, die aus den Verarbeitungen des Gehirns resultiert. Ihr Kunstschaffen eröffnet ihr schließlich den entscheidenden Zugang, sich endlich selbst zu erkennen. 


Intensive und anregende Juryarbeit
Wir hatten hohe Erwartungen an das Festivalprogramm, hofften auf neue Erzählungen, bewegende Themen und innovative Bilder, wenn wir das Festivalkino Lichtburg nach einer intensiven Diskussion wieder betraten. Und wir wurden nicht enttäuscht. «Es war ein dichter Wettbewerb in einem vorzüglichen Festival“, sagte Alexander Bothe abschliessend. „Es sind die Selbstvergewisserungen und Fragen nach Sinn, Wirklichkeit und Gemeinschaft, die all diese Filmbilder so inhaltlich und ästhetisch unverzichtbar für unsere kulturelle Verständigung machen.» Gudrun Hohenberger war zudem beeindruckt, wie sich während des Festivals Filmbegeisterte allen Alters trafen: „Die Kleinsten besuchten das Kindergartenprogramm «Filme zum Mitmachen». Größere kamen als Schulklassen oder am Sonntag mit den Eltern oder Großeltern. Dazu mischten sich Jugendliche und Erwachsene. Der Platz vor dem Kino war ständig belebt. Es war ein Treffpunkt und Ort von Diskussionen über das Gesehene und Erlebte“.