L'Afrance
Der junge Senegalese El Hadj studiert in Paris. Da seine Aufenthaltsbewilligung abgelaufen ist, steckt er in einem Dilemma: entweder er kehrt nach Afrika zurück oder er bleibt illegal in Frankreich. Er ist in Widersprüche gefangen. Einerseits will er nach Hause zurückkehren und seine erworbenen Kentnisse in den Dienst seines Landes Senegal stellen. Andererseits wünscht er, endgültig da zu bleiben, wo er sich wohl fühlt, und wird von seinen Überzeugungen und seinen unerfüllten Wünschen gequält: die Erinnerung an den Mann, der er früher war, an das Bild des Mannes, den er zu verkörpern hoffte und die Beobachtung des Mannes, zu dem er nun geworden ist. Wie kann es gelingen, sich der eigenen Person zu stellen, wenn man sich als Verräter fühlt? Zwischen existentiellen Fragen und Zweifeln über seine Identität begleitet l’Afrance während einiger Tage El Hadj auf seinem Irrweg durch Paris. Anhand der Hauptfigur geht der Regisseur Alain Gomis der Entwurzelung und den unbewussten Nachwirkungen des Kolonialismus nach. Er filmt oft Gesichter von sehr nahe und ist darauf bedacht, den psychologischen Verlauf der Migrationsgeschichte einzufangen. So führt dieses intensive Psychogramm bis an den Rand des Selbstmordes und zurück an die Wurzeln der eigenen Identität.
(Quelle: Festivalkatalog Locarno 2001)
Der Film macht uns mit einer Gruppe senegalesischer Einwanderer in Paris vertraut. L’Afrance bearbeitet die Themen Migration und Identität und berührt dabei Fragen, die sich wie ein roter Faden auch durch eine Mehrzahl der Filme des Wettbewerbs zogen: die Krise der Familie und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Ohne didaktisch zu wirken erprobt der Film verschiedene Möglichkeiten, mit der schmerzhaften Entwurzelung umzugehen, und eröffnet Perspektiven der Hoffnung. Die Jury würdigt die Originalität der filmästhetischen Sprache und den starken Appell des films, interkulturell zu denken und zu handeln.