Seishin 0
Dr. Yamamoto ist Psychiater, 82 Jahre alt und im Begriff, seine Praxis endgültig aufzugeben. Er kämpfte in den sechziger Jahren dafür, dass geschlossene psychiatrische Anstalten ihre Türen öffneten; der Film Seishin, ebenfalls von Kazuhiro Soda (Berlinale Forum 2008), kreist um seine Lebensleistung. Daran knüpft der Regisseur nun mit Seishin 0 an: Dr. Yamamoto empfängt zum letzten Mal seine Patient*innen, die Kamera schaut geduldig zu, sie verzeichnet die kleinsten Regungen und Gesten, die Sorgen, das Schweigen, die Traurigkeit und den Zuspruch. Nach der Schließung der Praxis verlagert der Film seinen Schwerpunkt und nimmt die Beziehung zwischen Herrn Yamamoto und dessen demenzkranker Frau in den Blick. Die liebevolle Geduld bleibt das prägende Element; sie macht den Film zum Dokument eines Humanismus, dem jede Sentimentalität umso fremder ist, je genauer er Unzulänglichkeiten, Schwäche und geistigen Verfall beobachtet und je mehr er sie als Teil der menschlichen Existenz begreift. (Festivalinformation, Berlinale 2020; Foto: © Laboratory X, Inc.)
Mit dem subtilen, aber wirkungsvollem Einsatz filmischer Mittel, vor allem von Kamera und Montage, vermittelt der Film die Wirkung, die der Psychiater Dr. Masatomo Yamamoto auf seine Patient*innen hat. Kurz vor seinem Ruhestand zeigt er Einfühlsamkeit und Verständnis im Umgang mit ihren Belastungen und Ihrer Angst vor einer Zukunft ohne seine Begleitung. Er motiviert seine Patient*innen, die jetzt notwendigen Schritte zu unternehmen, und begleitet sie in einer stillen, aber ermutigenden Art. Im zweiten Teil des Films sieht man ihn nach seiner Pensionierung, wie er seine Zeit mit seiner demenzkranken Frau verbringt. Die scheinbare Einfachheit des Films beeindruckt zutiefst. Menschliche Würde und Mitgefühl werden in herausragender Weise ins Bild gesetzt. Ein bewegender Film über den Wert menschlicher Handlungsfähigkeit und Fürsorge in einer Gesellschaft, in der Menschen sozialem und wirtschaftlichem Erfolgsdruck ausgesetzt sind (Foto: © Laboratory X, Inc.).