Das merkwürdige Kätzchen
Eine „audiovisuelle Skulptur“ hat Ramon Zürcher seinen Film genannt, und trifft damit die bewundernswerte Perfektion, mit der seine an der dffb entstandene Berliner Humoreske sich entfaltet – das Timing der Montage, die Choreografie der Bewegungen, die Versonnenheit der Dialoge, die haarscharf aneinander vorbeigehen, die Konzentration, die noch dem Beiläufigsten gilt. Der Ablauf eines Tages in einer mehrköpfigen Familie mitsamt Hund und titelgebender Katze genügt, um uns Zuschauer jederzeit bei der Stange zu halten. Die etwas sphinxhafte Mutter, die mit röhrenden Küchengeräten den anderen ins Wort fällt, und die lebhafte Jüngste, Clara, die dem Getöse lauthals schreiend Paroli bietet (und danach stillvergnügt vor sich hin lächelt), bilden die Gegenpole in einem komplexen Beziehungsgefüge, das auf die merkwürdigste Art stets in der Balance bleibt. Die Kamera nutzt diskret Anschnitt und Ausschnitt, Auftritt und Verschwinden der Figuren, um uns zu zeigen, dass wir auch auf beschränktem Raum leicht den Überblick verlieren können. In einzelnen schönen Momenten dehnen sich Raum und Zeit über die Wohnung und den Tag hinaus, wenn der eine oder andere eine Erinnerung, einen Vorfall, eine Beobachtung erzählt, zu denen der Film uns mitnimmt. Sein Ursprung, so Zürcher, war eine von Bela Tarr initiierte Übung: einen Text von Kafka filmisch umzusetzen. Davon ist vor allem ein Tonfall geblieben, eine ganz absichtslos erscheinende Komik, und die Einsamkeit, mit der jeder er selbst ist.