73. Internationale Filmfestspiele Berlin

16.02.2023 bis 26.02.2023
Berlin

 

Die Ökumenische Jury bei der Berlinale 2023 hat ihren Preis im Internationalen Wettbewerb an "Tótem" (Mexiko, Dänemark, Frankreich 2023) von Lila Avilès verliehen. Den Goldenen Bären gewann der französische Dokumentarfilm "Sur l'Adamant" (Frankreich, Japan 2022) von Nicolas Philibert, den die Ökumenische Jury mit einer Lobenden Erwähnung auszeichnete. Die mit jeweils 2.500 € dotierten Preise der Ökumenischen Jury im Panorama und im Forum gingen an "Sages-femmes" (Midwives, Frankreich 2022) von Léa Fehner (Panorama) und an "Jaii keh khoda nist" (Where God Is Not, Frankreich, Schweiz 2023) von Mehran Tamadon (Forum).

Einen Silbernen Bären (Großer Preis der Jury) gewann "Roter Himmel" (Deutschland 2023) von Christian Petzold sowie "Viver mal" (Bad Living, Portugal, Frankreich 2023) von João Canijo (Preis der Jury). Ebenfalls einen Silbernen Bären erhielten Philippe Garrel für die Beste Regie in "Le grand chariot" (The Plough, Frankreich, Schweiz 2022) und Angela Schanelec für das Beste Drehbuch zu "Music" (Deutschland, Frankreich, Serbien 2023).

In der Sektion Encounters wurde "Here" (Belgien 2023) von Bas Devos als Bester Film ausgezeichnet. Auch die Fipresci-Jury vergab in der gleichen Sektion ihren Preis an diesen Film und zeichnete im Internationalen Wettbewerb "The Survival of Kindness" (Australien 2022) von Rolf de Heer, im Panorama "Stille Liv" (The Quiet Migration; Dänemark 2023) von Malene Choi und im Forum "Între revoluţii" (Between Revolutions, Rumänien, Kroatien, Katar, Iran 2023) von Vlad Petri aus.

Der CICAE Art Cinema Award ging im Panorama an "Das Lehrerzimmer" (Deutschland 2023) von Ilker Çatak, der auch den Preis der Label Europa Cinemas gewann, und im Forum an "El rostro de la medusa" (The Face of the Jellyfish, Argentinien 2022) von Melisa Liebenthal.  Weitere Preise erhielten "De facto" (Österreich, Deutschland 2023) von Selma Doborac (Caligari-Filmpreis), "Sieben Winter in Teheran" (Deutschland, Frankreich 2023) von Steffi Niederzoll (Friedensfilmpreis) und "Al Murhaqoon" (The Burdened, Jemen, Sudan, Saudi-Arabien 2023) von Amr Gamal (Amnesty International Filmpreis).

Link: Homepage des Festivals

Link: Interview mit Roland Wicher, Festivaldelegierter von INTERFILM bei der Berlinale

Auszeichnungen

Regie:
2023

Der Film ist ein bewegendes Porträt einer Familie, die sich mit der unheilbaren Krankheit eines jungen Mannes auseinandersetzt. Die Geschichte wird aus der Sicht seiner kleinen Tochter erzählt und entfaltet sich im Laufe eines besonderen Tages. Die Jury war hingerissen von der komplexen und sensiblen Darstellung der Liebe, die diese Familie zusammenhält und dabei ohne jeglichen falschen oder idealisierten Unterton auskommt. Der Film zeigt auf beeindruckende Weise, wie die mexikanische Kultur mit dem Tod umgeht und gleichzeitig das Leben feiert.

On the Adamant
2022

Ungewöhnlich und respektvoll nähert sich der Dokumentarfilm einer Gruppe psychisch belasteter Menschen in einer Tagesklinik, die sich auf einem Lastkahn auf der Seine befindet.

Midwives
Regie:
2023

Die Ökumenische Jury zeichnet Sages-femmes für die starke und eindrucksvolle Darstellung des Alltags auf der Entbindungsstation einer Pariser Klinik aus. Auf brillante Weise zeigt der Film einerseits die strukturellen Probleme des Systems und anderseits das Engagement der Hebammen, wie sie Frauen beim Entstehen neuen Lebens begleiten. Dabei vermischt er Spielfilm mit dokumentarischen Elementen zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk

Where God Is Not
2023

Wie lässt sich das Grauen von politischer Gefangenschaft und Folter erzählen? Der iranische Filmemacher und Architekt Mehran Tamadon, der seit seiner Jugend in Frankreich lebt und für Projekte immer wieder in seine Heimat zurückkehrt, hat einen eindrücklichen Weg gefunden. Er versetzt seine Protagonisten Homa Kalhori, Taghi Rahmani und Mazyar Ebrahimi in Räume, die ihre ehemaligen Gefängnisse nachbilden - "where god is not", wie einer von ihnen sagt. Und so wird diese Dokumentation zu einer Reise in die Vergangenheit, voller Leid, Demütigung und Folter. Das Stilmittel ermöglicht es den Betroffenen wie dem Publikum die erschütternden Erfahrungen nachzuempfinden und so eine Realität anzuprangern, die auch heute noch im Iran aktuell ist.

Mehr zum Festival

„Ich habe das Gefühl des Sehens vergessen,“ heißt es am Anfang von „Poznámky z Eremocénu“ (Notes from the Eremocene) von Viera Čákanyová. Bei einem solchen Satz kann einem im Kino schon der Schreck durch die Glieder fahren. Karsten Visarius berichtet über das Berlinale-Forum.
Nach zwei Jahren Corona-Einschränkungen konnte die 73. Berlinale wieder im normalen Rahmen als Präsenzfestival stattfinden. Ihrem eigenen Anspruch nach versteht sich die Berlinale als ein Festival der Solidarität mit den Entrechteten und Unterdrückten dieser Welt. Dementsprechend gab es Solidaritätskundgebungen mit den Frauen im Iran und der von Russland angegriffenen Ukraine.
Eine der am häufigsten gestellten Fragen an die Ökumenische Jury lautete: Nach welchen Kriterien wählt ihr eure Preise? Tatsächlich gibt es eine Liste mit Punkten, die es zu beachten gilt. Besondere künstlerische Qualität gehört genauso dazu wie Respekt vor menschlicher Würde. So Miriam Hollstein, Präsidentin der Ökumenischen Jury bei der Berlinale 2023, in ihrem Festival-Report.
Waltraud Verlaguet, Theologin und Filmjournalistin, hat ihre Beobachtungen und Einschätzungen zu den Filmen der Berlinale 2023 festgehalten. Hier schreibt sie über die Filme des Internationalen Wettbewerbs.
In einer zweiten Zusammenstellung von Kommentaren zu den Filmen der Berlinale 2023 schreibt Waltraud Verlaguet unter anderem über Beiträge der Sektionen Panorama, Forum und der Berlinale Specials.