Auf nationaler Ebene werden regelmäßig kirchliche Filmpreise vergeben, ohne dass INTERFILM daran direkt beteiligt ist. Sie werden an dieser Stelle dokumentiert. Foto: FILM DES JAHRES 2018 der Evangelischen Filmjury in Deutschland, "In den Gängen"
20. Festival du Film Français d’Helvétie Biel-Bienne
"La plus précieuse des marchandises" (Das kostbarste aller Güter, Frankreich 2024) von Michel Hazanavicius hat beim 20. Festival du Film Français d`Helvétie Biel-Bienne den Prix Célestine gewonnen. Der Preis ist mit 2.500 CHF dotiert und wird von einer von Interfilm Schweiz berufenen Jury vergeben.
Regisseur Michel Hazanavicius wurde durch die Stummfilm-Hommage "The Artist" international bekannt. "Les plus préciuese des marchandises" ist sein erster Animationsfilm.
Der Film handelt von einem mittel- und kinderlosen Holzfällerpaar, das wie durch Wunder zu einem Kleinkind kommt, was in vielerlei Hinsicht Konflikte mit sich bringt. Umso mehr, als sich die Geschichte zur Zeit des Zweiten Weltkrieges im besetzten Polen abspielt und es sich um ein jüdisches Findelkind handelt, das aus einem Transportzug nach Auschwitz geworfen wird.
In der Begründung der Kury heißt es:"Das Werk besticht durch seine visuelle und erzähltechnische Ästhetik. Auf geschickte Weise verbindet es geschichtliche Faktizität mit Fiktion und politischer Aktualität. Dabei entzieht sich der Film jeder klischierten Banalisierung und lässt Humanität pulsieren."
Das Festival fand vom 11.-15. September 2024 statt. Mitglieder der Jury waren Lea Dürig, Simon Eggimann, Sandra Kunz und Peter von Salis.
20. Filmfestival achtung berlin
Beim 20. Filmfestival achtung berlin (10.-17. April 2024) hat die Ökumenische Jury ihren Preis an den Dokumentarfilm "Hausnummer Null" von Lilith Kugler verliehen. Er handelt vom Kampf eines in Berlin auf der Straße lebenden Heroinsüchtigen gegen seine Abhängigkeit. Der Film wurde beim Max-Ophüls-Preis 2024 uraufgeführt.
Der Preis, den die Jury sektionsübergreifend vergibt, ist vom Erzbistum Berlin und von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz mit 2.000 € dotiert.
In der Begründung der Jury heißt es: "Der Film ist eine Liebeserklärung. An das Leben, das so kompliziert ist; an uns Menschen, die wir so verletzlich sind; und natürlich an diese Stadt, Berlin. Grau und kalt mit Schnee bedeckt, staubig und heiß. Zwischen Gleisen und Mauern zeigt der Film uns ein Alphabet des menschlichen Seins. Wir begegnen Menschen, die wir nicht vergessen, auch wenn der Film endet. Der Himmel Berlins ist hier einer aus Eisen und Beton. Die Kamera folgt in starken Bildern der Stadtlandschaft und den Wegen der Protagonisten. Dabei schaut der Film genau hin – selbst dann, wenn es weh tut. Es gelingt ihm, Leichtigkeit zu bewahren und Humor zuzulassen. Wir sehen das Porträt einer verbundenen Nachbarschaft, die hinter den Fenstern lebt, und draußen auf der Straße. Mit fast zärtlichem Gespür bringt uns der Film seine Protagonisten nahe."
Mitglieder der Jury waren Melanie Pollmeier, Juliane Ebner (beide INTERFILM), Linda Kanellos-Okur und Franziska Sauter. Sie wurden von den beiden Kirchen berufen und sichteten ein Programm von 10 Filmen aus den verschiedenen Festivalsektionen.
Das Festival ist Produktionen aus Berlin und Brandenburg gewidmet und zeigt Filme in vier Wettbewerbskategorien (Spielfilm, Dokumentarfilm, Mittellanger Film und Kurzfilm).
FILM DES JAHRES 2023
In Frankfurt hat die Evangelische Filmjury in Deutschland den amerikanischen Film "Past Lives - In einem anderen Leben" (OT: Past Lives, USA 2023) von Celine Song als FILM DES JAHRES 2023 ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung im Kino des Deutschen Filmmuseums am 8. Dezember wurde der Verleih des Films, STUDIOCANAL, geehrt. Die Laudatio hielt die Regisseurin und Professorin Sung-HyungCho.
Die Jury vergibt monatlich das Prädikat FILM DES MONATS. Aus den 2023 ausgezeichneten Filmen wählte sie den FILM DES JAHRES. In ihrer Begründung heißt es: "Die Autorin und Regisseurin Celine Song hat in ihrem Spielfilmdebüt ihre eigene Auswanderergeschichte von Südkorea nach Nordamerika verarbeitet. PAST LIVES handelt von einer Welt, in der transnationale Lebensentwürfe selbstverständlich geworden sind, von den Menschen aber immer wieder individuell entlang ihrer Wünsche und Bedürfnisse neu ausgehandelt werden müssen. Der Titel des Films nimmt Bezug auf die koreanische Vorstellung des „In-Yun“, wonach Menschen füreinander bestimmt sind und sich schicksalhaft begegnen bzw. wiederbegegnen."
Prix Interculturel 2023 beim FilmSchoolFest Munich
"The Boy" (Israel 2023) von Yahav Winner erhält beim 42. Internationalen FilmSchoolFest München (12.-18. November 2023) den Prix Interculturel der Interfilm Academy. Die Jury verleiht den Preis im Gedenken an den am 7. Oktober von der Hamas ermordeten israelischen Regisseur. Der Film erhielt auch den Preis der Festivaljury für das beste Drehbuch.
Der Prix Interculturel ist mit 2.000 € dotiert und mit einer von Bernd Sauter gestalteteten Statuette verbunden. In der Begründung der Interfilm-Jury für die Auszeichnung heißt es: "Am 7. Oktober wurde Yahav Winner im Kibbuz Kfar Aza von Mitgliedern der Terrororganisation Hamas ermordet. Die Interfilm-Akademie München nimmt THE BOY zum Ausgangspunkt für eine interkulturelle Diskussion im Gedenken an den ermordeten Regisseur und an die Tausende von israelischen und palästinensischen Menschen, die im Nahostkonflikt ihr Leben verloren haben.“
Die Jury der Interfilm Academy bestand aus dem Preisstifter, Pfarrer Eckart Bruchner (Deutschland, Jurypräsident), Natalia Putintseva (Russland), Christine Weissbarth (Österreich) und Galina Antoschweskaja als beratendem Mitglied.
Der Prix Interculturel fördert den interkulturellen Dialog zwischen jungen Filmschaffenden, insbesondere den von Toleranz geprägten Erfahrungsaustausch zwischen den Weltreligionen. In diesem Sinne wird von der internationalen Jury ein Film aus dem Wettbewerbsprogramm ausgezeichnet, der diesen Gedanken in ethisch wie filmästhetisch überzeugender Weise umsetzt.
Filmpreis der Züricher Kirchen 2023
Die Ökumenische Jury beim 19. Zurich Film Festival (28. September - 8. Oktober 2023) hat "Las Toreras" von Jackie Brutsche mit dem Filmpreis der Züricher Kirchen ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es: «Las Toreras ist ein Film, der hineinzieht und theatralische Heldinnenreise, Maskenspiel, Dokumentation und Symbolik verbindet. Die Künstlerin Jackie Brutsche bringt Licht in ein dunkles Kapitel ihrer eigenen Familiengeschichte. Dabei entfaltet sich eine Transformation von Trauer und Schuldzuweisung in Verständnis und Versöhnung.» Der Preis ist mit 10.000 CHF von der Katholischen und der Reformierten Kirche des Kantons Zürich dotiert.
Mitglieder der Jury waren Andrea Marco Bianca, Pfarrer und Vizepräsident des Kirchenrates der Reformierten Kirche im Kanton Zürich (Jurypräsident); Tobias Grimbacher, Synodalrat der Katholischen Kirche im Kanton Zürich; Sophoia Rubischung, Filmproduzentin und freie Dozentin; Baldassare Scholari, Religionswissenschaftler; und Brigitta Rotach, Theologin und Kulturjoiurnalistin, Co-Präsidentin der Jüdischen-liberalen Gemeinde in Zürich.
19. Festival du Film Français d’Helvétie Biel-Bienne
Die Jury von Interfilm Schweiz beim 19. Festival du Film Français d'Helvétie in Biel-Bienne (13.-17. September 2023) hat den mit 2.500 CHF dotierten Prix Célestine an den Film "Rosalie" von Stéphanie Di Giusto verliehen.
Rosalie lebt um 1870 in Frankreich und ist seit ihrer Geburt stark behaart. Nach ihrer Heirat mit Abel will sie ihre Andersartigkeit nicht länger verbergen. Der Film zeigt den Weg von Rosalie im Widerstand gegen die von der Gesellschaft vorgegebenen Geschlechterrollen zu ihrem Selbstbewusstsein als Frau, die zu ihrem Bartwuchs steht.
Die Jury lobte die eindrückliche Bildsprache und die durchdachte Symbolik des Films, der gleichzeitig fasziniert und befremdet. Weiter heißt es in der Jurybegründung: "Berührend wird die Lebensgeschichte der Rosalie ausserdem durch die brillante Darstellung von Nadia Treszkiewicz in der Hauptrolle und die sorgfältige Figurenzeichnung allgemein. Regisseurin Stéphanie Di Giusto versteht es, den in der Geschichte angelegten Gegensatz von Anziehung und Abstossung bildlich umzusetzen, z.B. durch Gegensätze wie Opulenz und Kargheit, hell und dunkel, Natur und Kultur, innen und aussen.
Die Geschichte regt zudem an, über Genderfragen und gesellschaftliche Ausgrenzung nachzudenken."
Mitglieder der Jury waren Stefan Affolter, Simon Eggimann, Pascale Huber (Präsidentin) und Claude Rossi.
One-Future-Preis 2023
Eine Jury der Interfilm Academy hat beim 41. Filmfest München (28. Juni-7. Juli 2023) den One-Future-Preis an "Siccità" von Paolo Virzì (Italien 2022) vergeben. Lobende Erwähnungen erhielten "Black Box" von Azlı Özge (Belgien, Deutschland 2023) und der Dokumentarfilm "War and Justice" von Marcus Vetter und Michele Gentile (Deutschland 2023). Ihren Ehrenpreis 2023 vergab die Interfilm Academy an den Regissuer Michael Verhoeven für sein Gesamtwerk und für sein unermüdliches gesellschaftspolitisches Engagement.
Die Begründung für die Auszeichnung von Paolo Virzìs "Siccità" lautet: Dem italienischen Regisseur Paolo Virzi, berühmt für seine Filme zwischen Tragödie und Komödie, gelingt auch diesmal mit filmästhetischer und analytisch-ethischer Kompetenz, die zunehmend bedrohlichen Zeichen der Zeit aufzudecken, um das Herz der Zuschauer*innen für einen kritischen Blick in die bedrohte Zukunft unserer Welt zu schärfen – am Beispiel der „Ewigen Stadt“ als ein dystopisches Rom der nahen Zukunft, wo WASSER und MENSCHLICHKEIT zur Mangelware werden.
Die verzweifelte römische Bevölkerung, jung oder alt, erfolgreich oder ausgegrenzt, arm oder reich, Opfer und Täter – alle sind gefangen und alle suchen nach Erlösung. Jeder lebt in seiner eigenen Welt des Ehrgeizes, der Habgier, der Angst und Sucht nach Erfolg. Der jeweilige Tunnelblick verhindert den Blick in eine gemeinsame, gelingende Zukuft. Ohne Wasser, ohne Menschlichkeit werden wir – so der Film – die lebenbedrohenden Krisen nicht überstehen. Nur Mut, Solidarität, Verantwortung und Liebe, Hoffnung, Optimismus können die Welt retten. Es herrscht Chaos, alles ist fraglich, untragbar, aber noch funktioniert es in Rom. Vielleicht nicht nur, weil es nach drei Jahren endlich regnet, sondern weil Menschlichkeit und Humor, die uns Menschen verbinden, nicht ausgestorben sind."
Mitglieder der Jury der Interfilm Academy waren Eckart Bruchner, Pfarrer, Dozent, Pädagoge und Vorsitzender der Interfilm Academy; Bhagu T. Chellaney, Architekt und Stadtplaner; Marianna Kavka, Schauspielerin und Journalistin; und Christine Weissbarth, Moderatorin und Schauspielerin. Beratende Mitglieder der Jury waren außerdem Galina Antoschewskaja und Ileana Cosmovici.
Link: Website der Interfilm Academy Munich
achtung berlin - new berlin film award 2023
"Die toten Vögel sind oben" von Sönje Storm (Deutschland 2022) hat den Preis der Ökumenischen Jury beim 19. Filmfestival achtung berlin - new berlin film award (12-18. April 2023) gewonnen. Der Preis ist mit 1.000 € dotiert, gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Eine Lobende Erwähnung der Jury ging an "The Homes We Carry" von Brenda Akele Jorde (Deutschland 2022).
Die Begründung der Jury für ihren Preis lautet: "Der Zugang zum Dokumentarfilm gelingt sofort – über den Protagonisten Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940), Urgroßvater der Regisseurin Sönje Storm. Der ist zwar längst tot, aber in seiner Hinterlassenschaft äußerst präsent. Wir sehen, vermittelt durch viele Fotografien, einen besonderen Menschen bei der Arbeit. Einen Außenseiter, der zwar eigentlich Bauer ist, aber mehr noch ein Besessener, ein Naturforscher, ein Vogelkundler. Auch wenn die NS-Zeit unbefriedigend vage thematisiert wird, überzeugt der Film durch seine Detailliertheit und wie zärtliche Zuwendung.
Wir lassen uns gern erzählen, wie der Norddeutsche, bei der Luftwaffe zum Fotografen ausgebildet, nach dem Ersten Weltkrieg in die Natur flieht. Er sammelt Schmetterlinge, stopft Vögel aus, gründet sein eigenes kleines Museum und dokumentiert wie nebenbei mit großer Akribie und Geduld das Artensterben und die Zerstörung von Lebensräumen durch den Menschen. Damals interessierte das kaum jemanden – dieser Bauer war seiner Zeit weit voraus. Kein Konservativer, sondern ein Konservator, der uns spüren lässt, wie die Vergangenheit mit der Zukunft verbunden ist und die Bewahrung der Schöpfung mit der Achtung der Kreatur."
Ihre Lobende Erwähnung für "The Homes We Carry" begründet die Jury wie folgt: "Wo komme ich her, wo gehöre ich hin, was ist meine Heimat? Mit diesen Fragen beginnt die eindringliche Suche nach Identität und Zugehörigkeit der Protagonistin Sarah. Die junge afrodeutsche Mutter und Tochter einer Ostdeutschen reist mit ihrem Stillkind nach Southern Africa, der Heimat ihres Vaters und ehemaligen Vertragsarbeiters in der DDR. In Mosambik lebt auch der Vater ihrer Tochter. Sarah erzählt, wie sie mit Rassismus umgeht, Heimaten in verschiedenen Ländern findet – und ein Zuhause in sich selbst. So erhält ein wenig bekannter, weitgehend unaufgearbeiteter Teil jüngerer deutsch-deutsch-afrikanischer Geschichte ein Gesicht und eine ganz eigene Stimme, die lange nachklingt."
Mitglieder der Jury waren Alexander Aehlig, freier Fotograf und Kameramann; Polina Kundirenko, Studentin an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und Regisseurin; Katharina Körting, freie Autorin, Redakteurin und Journalistin; und Marie Charlotte Merscher, Referentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) Berlin.
FILM DES JAHRES 2022
Seit mehr als 70 Jahren vergibt die Jury der Evangelischen Filmarbeit das Prädikat FILM DES MONATS an einen aktuell im Kino gestarteten Film. Aus den 2022 ausgezeichneten Filmen wählte die Jury den FILM DES JAHRES: "She Said".
Der Film von Regisseurin Maria Schrader erzählt von den beiden New-York-Times Reporterinnen Megan Twohey und Jodi Kantor, deren mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnete Reportage nicht nur ein Beben in Hollywood auslöste, sondern auch der Kampagne mit dem Hashtag #metoo zu einer breiten Öffentlichkeit verhalf. Der Hashtag wurde Dank dem Mut vieler Frauen und Männer, die ihre Erfahrungen öffentlich machten, zu einer bis heute anhaltenden weltweiten Bewegung.
Die Preisverleihung, bei der der Filmverleih Universal Pictures International Germany GmbH für die Herausbringung des Films in die deutschen Kinos geehrt wird, mit Laudatio von Jenni Zylka (Journalistin und Leiterin der Sektion Perspektive Deutsches Kino der Berlinale) und anschließender Filmvorführung fand am Freitag, 16. Dezember 2022, um 20:00 Uhr im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt am Main statt.
Prix Interculturel beim FilmSchoolFest Munich 2022
Beim 41. FilmSchoolFest Munich (13.11.-19.11.2022) hat eine Jury der Interfilm-Akademie den Prix Interculturel (2.000 Euro, gestiftet von der Interfilm Akademie) an „Love Death and Everything in Between“ von Soham Kundu (London College of Communication, UK) verliehen. Die Jury (Galina Antoschewskaja, Eckart Bruchner, Bhagu T. Chellaney und Christine Weissbarth) war beeindruckt davon, wie hier einfühlsam – auch rückblickend – gezeigt wird, wie drei Menschen verschiedener kultureller Herkunft, Rollen und Geschlechter mit dem Tod ihres Sohnes und Freundes umgehen. „In ihrer tiefen Sehnsucht erkennen alle drei Personen, dass der Verlust nicht zu überwinden ist. Sie können nur gemeinsam lernen, mit ihm zu leben und den Schmerz zu verarbeiten.“
Außerdem sprach die Jury eine Lobende Erwähnung an Sara Massieu für „I Was Attacked“ (London College of Communication, UK) aus. Der Film erhielt auch den Publikumspreis.
Filmpreis der Zürcher Kirchen 2022
Die Genfer Regisseurin Carmen Jaquier (37) erhält für ihren Film «Foudre» den Filmpreis der Zürcher Kirchen, der im Rahmen des 18. Zurich Film Festivals (28.9.-8.10.2022) zum sechsten Mal verliehen wird. Die katholische und die reformierte Kirche zeichnen die Arbeit von Carmen Jaquier mit einen Preisgeld von 10 000 Franken aus.
Eine Jury wählte den Preisträger aus der Reihe «Fokus» mit Filmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bildgewaltig erzählt die Drehbuchautorin und Regisseurin Carmen Jaquier in ihrem Debutspielfilm «Foudre» die Geschichte einer jungen Frau um 1900, die gegen den einengenden Glauben ihrer Schweizer Bergdorf-Gemeinschaft rebelliert und verzweifelt versucht, sich von diesen Fesseln zu befreien. Filmsprachlich raffiniert gelingt es «Foudre», eine ästhetisch-sinnliche Verbindung von Sexualität und Spiritualität herzustellen und sich an eine Gotteserfahrung heranzutasten. Einfühlsam zeigt Carmen Jaquier die weibliche Emanzipation inmitten einengender Gesellschaftsnormen auf. «Foudre» ist der erste abendfüllende Spielfilm der Westschweizer Regisseurin und wurde in Toronto uraufgeführt.
Jurypräsident Tobias Grimbacher ist vom Film bewegt: «Der Film hat mich von Anfang an durch seine starken Bilder überzeugt, sowohl durch Landschaften als auch durch die Nahaufnahmen von Gesichtern. Im Zentrum steht eine starke junge Frau, die sich aus der vorgelebten Religiosität befreit und etwas erlebt, was ich als echtes Gottvertrauen bezeichnen möchte. Ihr Ausbruch und ihre Suche sind auch für heute aktuell. Sie werden von der Regisseurin in teils sehr künstlerisch und sensibel komponierten Szenen gezeigt.»
Die Jury möchte zudem eine besondere Erwähnung aussprechen. Sie würdigt damit den Film «Holidays», der auf originelle Herangehensweise aktuell und kritisch von den vielen säkularisierten Feiertagen Russlands erzählt und damit die täglichen Schwierigkeiten und durch Gewalt geprägten Lebensumstände der Menschen dokumentiert.
In diesem Jahr konkurrierten vierzehn Spiel- und Dokumentarfilme um den Kirchenpreis. Die Jury bildeten neben Synodalrat und Jurypräsident Tobias Grimbacher (Katholische Kirche) Kirchenrat Andrea Marco Bianca (Reformierte Kirche), die Journalistin und Theologin Brigitta Rotach sowie die Schauspielerin Tonia Maria Zindel und die Regisseurin Fiona Ziegler.
18. Festival du Film Français d’Helvétie Biel-Bienne
Beim 18. Festival du Film Français d’Helvétie in Biel-Bienne (14.-18. September 2022) hat die Jury von Interfilm Schweiz den Prix Célestine 2022 an den Film "Le sixième enfant" (Frankreich 2022) von Léopold Legrand verliehen. Das Preisgeld von 2.500 CHF ist zur Förderung der Verbreitung des Films im deutschsprachigen Raum bestimmt. In der Begründung der Jury heißt es:
«‹Ich hätte töten können für ein Kind, somit erschien mir ein Kauf die bessere Lösung.› Diesen Schlüsselsatz sagt Anna, eine der weiblichen Hauptfiguren. ‹Le sixième enfant› erzählt von einem begüterten Ehepaar, das keine Kinder bekommen kann, und einer Familie, die schon viele Kinder hat und für ein weiteres keinen Weg sieht. Die Geschichte eines unmöglichen Arrangements zwischen den beiden Paaren berührt und wühlt auf.
Das Drama über einen unbedingten Kinderwunsch und eine ungewollte Schwangerschaft spielt vor dem Hintergrund der universellen Themen Gerechtigkeit und Recht. Es handelt von persönlichem Leid im Widerspruch zu gesellschaftlichen Konventionen und Gesetz und überzeugt durch feine Figurenzeichnung, hervorragende schauspielerische Leistungen sowie einen treibenden Rhythmus.
Der Film von Regisseur Léopold Legrand ist hochaktuell und zwingt zum Weiterdenken.»
Mitglieder der Jury waren Stefan Affolter (Präsident), Simon Eggimann, Franziska Kühn-Häderli und Christa Miranda.
One-Future-Preis 2022
Der 37. One Future Preis der Interfilm-Akademie München geht an "Nicht ganz koscher - eine göttliche Komödie" von Stefan Sarazin und Peter Keller (Deutschland 2022). Er wurde beim Filmfest München 2022 (23. Juni - 2. Juli) vergeben. Eine Lobende Erwähnung erhielt "Paloma" von Marcelo Gomes (Brasilien, Portugal 2022). Für ihre besonderen Verdienste wurden die Kommunikationswissenschaftlerin und Filmautorin Stefanie Landgraf und der Kameramann und Filmregisseur Johannes Gulde mit dem Ehrenpreis der Interfilm-Akademie ausgezeichnet.
In der Begründung für die Auszeichnung von "Nicht ganz koscher - eine göttliche Komödie" heißt es: "Ein orthodoxer Jude, der mit einem Sonderauftrag nach Alexandria durch die Wüste reist, und ein muslimischer Beduine, der sein Kamel sucht, begegnen sich in der Wüste Sinai. Damit beginnt notgedrungen eine gemeinsame Reise mit vielen Schwierigkeiten, auf der sie lernen, ihre unterschiedlichen religiösen und kulturellen Überzeugungen in zunehmend toleranter und humorvoller Weise gegenseitig zu respektieren. Vorwärts geht es für beide Männer nur gemeinsam, aber wie vereint man 613 jüdische Glaubensregeln mit den archaischen Gesetzen der Wüste? Als auch noch das Auto den Geist aufgibt, geht es bald nicht mehr nur ums gemeinsame Essen, sondern uns nackte Überleben. Ein Roadtrip durch die Wüste Sinai, wie er absurder nicht sein kann, ein turbulenter wie nachdenklicher Film um unterschiedliche Kulturen und der Frage nach Identität, der das Kinopublikum ermutigt, sich kontroversen Themen zukünftig mit mehr Toleranz, Verständigungsbereitschaft und mehr Optimismus zu stellen."
Zur Auszeichnung von "Paloma" mit einer Lobenden Erwähnung heißt es in der Jurybegründung: "Der brasilianische Film Paloma von Marcelo Gomes feierte seine Weltpremiere beim Filmfest München. Eine Transfrau kämpft um ihr Recht zu heiraten. Die brasilianische Schauspielerin Kika Sena ist als Paloma in der Titelrolle mit ihrem Filmdebüt zu sehen. Paloma erzählt in einer romantisch-tragischen Geschichte über „Jemanden auf der Suche nach Selbstbestimmung“. Paloma führt als Transfrau ein einfaches und glückliches Leben mit Tochter und Partner. Ihr Leben ist stabil und geordnet, wäre da nicht ihr sehnlichster Wunsch, kirchlich getraut zu werden. Der Priester lehnt ihr Ansinnen ab mit der Begründung, die Kirche würde derartige Trauungen nicht erlauben. Vergeblich bittet sie in einem Schreiben an den Papst um Erlaubnis einer Eheschließung mit all ihren Freund*innen als Gäste. Zugleich ist es ein Ringen um gesellschaftlich Annerkennung.
Marcelo Gomes und seiner Hauptdarstellerin Kika Sena gelingt es, diesen Weg auf sehr authentische, zugleich poetische Weise zu erzählen. Paloma wird Opfer von Gewalt, Verrat, Vorurteilen und Ungerechtigkeit. Aber nichts kann den Glauben und die Enschlossenheit dieser Transfrau erschüttern. Gomes setzt auf die Kraft der Bildsprache, geht sparsam mit Dialogen um. Man nimmt feinsinnig gearbeitetes Sounddesign wahr, um Palomas Innerlichkeit nachzuempfinden, die für jeden das Recht zu träumen postuliert. Der Film erzählt zugleich von der brasilianischen Gesellschaft, von den Schwierigkeiten, Bedrohungen und Gefahren, denen Transfrauen nicht nur in Brasilien ausgesetzt sind.
Ein starker, sehr überzeugender Film, der Mut macht, nicht aufzugeben. Das Changieren zwischen Traum und Realität stellt die Situation der Hauptfigur und ihren Kampf für Akzeptanz dar, der auch übertragen werden kann auf andere Bereiche, andere Kämpfe eines Individuums für Veränderung, Menschlichkeit und Freiheit, mehr Freiheit, mehr Menschlichkeit, mehr Toleranz, nicht nur in Brasilien, sondern überall. Marcelo Gomes Film Paloma ist ein hoffnungsvolles Plädoyer für eine gemeinsame bessere Zukunft: ONE FUTURE, erzählt mit einer großartigen Hauptdarstellerin."
Mitglieder der Jury waren Galina Antoschewskaja (Filmjournalistin), Eckart Bruchner (Pfarrer und Vorsitzender der Interfilm-Akademie), Bhagu T. Chellany (Architekt und Stadtplaner), Ileana Cosmovici (Regisseurin), Natalia Putintseva (internationale Projektmanagerin) und Christine Weissbarth (Schauspielerin und Moderatorin).
achtung berlin - new berlin film award 2022
Der Dokumentarfilm "Anima - Die Kleider meines Vaters" von Uli Decker hat den mit 1.000 € dotierten Preis der Ökumenischen Jury beim 18. Filmfestival achtung berlin - new berlin film award (20.-27.4.2022) erhalten. Das Preisgeld wird gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Die Regisseurin setzt sich mit dem geheimgehaltenen Doppelleben ihres Vaters auseinander, der seine zweite, queere Existenz vor seiner Familie verbarg. Der Film erhielt auch den Preis des Festivals für den Besten Dokumentarfilm.
In der Begründung der Jury für die Auszeichnung heißt es: "Im Leben der katholischen Vater-Mutter-Kind-Kind Familie in einem bayerischen Dorf scheint alles normal zu sein. Einfamilienhaus, Garten, Wanderurlaub, Klavier - die Fassade stimmt. Erst am Sterbebett des Vaters erzählt die Mutter den Töchtern, dass der Vater von Jugend an heimlich Frauenkleider trug. Sie übergibt der älteren Tochter die Kiste, in der er sein geheimes Leben verbarg: Pumps, Nagellack, Lippenstift, Tagebücher. Behutsam, fast spielerisch, wie ein Kind, das über Zäune klettert, erkundet der Film das unter großer Angst gehütete Familiengeheimnis. Statt sich mit abstrakten Zuschreibungen wie „Transvestit“ oder „Coming-Out“ zu begnügen, bleibt die Filmemacherin konkret, liest in den Aufzeichnungen des Vaters, sucht nach einer Verbindung zu dem Mann, der sich ihr ein Leben lang rigoros entzogen hat. So nimmt sie sein Erbe an – und macht es sich zu eigen. Reißt den Grauschleier weg, der über dem Haus der Kindheit und überm Erwachsenwerden lag, konfrontiert den Vater postum mit dem, was er sich und den Töchtern mit seinem Schweigen angetan hat. Archivaufnahmen der Bundesrepublik und bayerischer Folklore ergänzen die Familienfotos und die subjektive Erinnerung, Animationen ermöglichen einen verfremdenden Blick. Die Collagen sortieren das Geschehene neu, als forderten sie dazu auf, sich und die Wirklichkeit selbstbestimmt zu denken, anders zusammenzusetzen."
Mitglieder der Jury waren Alexander Aehlig (freier Fotograf, Videograf und Kameramann), Barbara Behrendt (freie Kulturjournalistin), Katharina Körting (Autorin) und Dr. Lukas Hetzelein (Theologe, Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin).
Den Preis des Festival für den Besten Spielfilm erhielt "Ladybitch" von Paula Knüpling und Marina Prados, den Preis für die Beste Regie "Youth Topia" von Dennis Stormer.
Prix Célestine beim Human Rights Film Festival Zürich 2021
Eine von Interfilm Schweiz berufene Jury hat beim 7. Human Rights Film Festival Zürich (2.-7. Dezember 2021) den Dokumentarfilm "Imad's Childhood" von Zahavi Sanjafi mit dem Prix Célestine ausgezeichnet. Der Preis ist mit 2.500 SFR dotiert.
Die Begründung der Jury für ihre Auszeichnung lautet: "Mit schonungslosen Bildern erzählt der Film die Entwicklung des fünfjährigen Imad, welcher in IS-Gefangenschaft misshandelt wurde. Gemeinsam mit seiner traumatisierten Mutter und seinem Bruder kehrt er in ein Camp für vertriebene Jesidinnen und Jesiden zurück.
In all den verstörenden Verhaltensweisen des Jungen passiert durch geduldige Zuwendung und professionelle Unterstützung ein Wunder: Imad kann allmählich seine Aggressionen ablegen und Beziehungen zulassen. Damit berührt der Film als Hoffnungszeichen und zeigt, wie heilsame Veränderung auch unter schwierigsten Bedingungen möglich ist."
Mitglieder der Jury waren Karin Spiess, Renata Werlen, Katja Bury und Dieter Alpstäg.
Prix Interculturel 2020
Die Jury der Interfilm-Akademie hat beim 39 1/2 Film School Fest München (12.-22, November 2020) den Prix Interculturel an den belgischen Film "Voor Eunice" (For Eunice, Belgien 2019) von Jaan Stevens vergeben. Der Preis ist mit 2.000 € dotiert. Das Festival fand vom 12.-22. November 2020 ausschließlich online statt.
"Voor Eunice" entstand an der RITCS School of Arts (Royal Institut for Theatre, Cinema & Sound) des Erasmus University College in Brüssel. Die Begründung der Jury lautet: "Für Eunice. Das klingt wie ein Geschenk. Ein Geschenk an dieses starke und anrührende Mädchen namens Eunice, das wir in diesem schönen und aufrichtigen Dokumentarfilm beobachten und dabei entdecken, wie das Leben für eine schwarze, übergewichtige Frau in einem fremden Land bereits ist und sein wird.
Wir erleben die Grausamkeit zwischen Kindern, angetrieben von bereits bestehenden Vorurteilen. Wir lachen und leiden mit Eunice, dank der feinfühligen und vertrauenerweckenden Regie von Jaan Stevens. Ohne es direkt auszusprechen verbündet uns dieser Kurzfilm, fragt unsere Gesellschaft, warum wir die nächste Generation unter etwas leiden lassen, von dem wir wissen, dass es gestoppt werden sollte."
Der Film wurde ebenfalls mit dem ARRI-Award für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Die Jury der Interfilm-Akademie zeichnete außerdem den Film "Drifting" von Hanxiong Bo (OT: Piao liu, USA, China 2019) mit einer Lobenden Erwähnung aus. In der Jurybegründung heißt es: "Während Chinas Ein-Kind-Politik wird Yan von seinen Eltern als Mädchen aufgezogen, um ihn nach außen hin als seine ältere Schwester ausgeben zu können. Als junger Erwachsener muß er gegen die konservativen Vorstellungen seiner Familie um seine Identität kämpfen. Zurückhaltende Inszenierung, feines Schauspiel und Dialoge sowie eine ausgezeichnete Kameraarbeit führen die Auswirkungen der altbekannten Maßnahme auf die Menschen in universeller Art und Weise vor Augen."
Der Film, der auch den ARTE-Kurzfilmpreis erhielt, entstand an der University of California.
Der Jury unter Vorsitz von Eckart Bruchner (Interfilm-Akademie) gehörten in diesem Jahr die letztjährige Gewinnerin Alice Gadbled und Franz Indra sowie Stefan Preis als consulting member (beide Interfilm und Interfilm-Akademie) an.
Filmpreis der Zürcher Kirchen 2020
Ein Film über drei Teenager-Freundinnen aus der zweiten Migranten-Generation erhielt den Filmpreis der Zürcher Kirchen 2020. "Sami, Joe und ich" von Karin Heberlein überzeugte die Kirchenjury durch die direkte Art, wie Probleme und Lebenswelten junger Menschen gezeigt werden. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 10 000 Franken dotiert und wurde am 1. Oktober im Rahmen des 16. Zurich Film Festival (24. September-4. Oktober 2020) vergeben. «Die Schauspielführung der Regisseurin überzeugt durch Präzision und Einfühlungsgabe. Das authentische Spiel der Schauspielerinnen beeindruckt», begründet Jury-Präsidentin und Filmdozentin Lucie Bader den Entscheid für den in Zürich entstandenen Film, zu dem die Regisseurin sagt: «Solidarität und Freundschaft waren für mich die Lebensader in diesem Alter, diese Kraft wollte ich ins Zentrum rücken.»
Der Filmpreis der Zürcher Kirchen wurde 2020 zum vierten Mal vergeben. Die Kirchen-Jury wählte aus den 12 Filmen der Reihe «Fokus» mit Produktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihren Favoriten. Der Preis ist ökumenisch ausgerichtet und fördert den Dialog zwischen den Generationen, Religionen und Kulturen. Um das hiesige Filmschaffen zu würdigen, erhöhten die Kirchen in diesem Jahr das Preisgeld auf 10 000 Franken.
Mitglieder der Jury waren in diesem Jahr die Filmdozentin Lucie Bader, die auch den Vorsitz der Jury übernahm, die Filmproduzentin Simone Späni, Tobias Grimbacher, Synodalrat der katholischen Kirche im Kanton Zürich, der Filmkritiker Thomas Binotto und Pfarrer Andrea Marco Bianca, Kirchenrat der Reformierten Kirche im Kanton Zürich.
Prix Célestine 2020 geht an "Petit Pays" von Éric Barbier
Beim 16. Festival du Film Francais d'Helvétie in Biel (16.-20.9.2020), das dem französischsprachigen Film gewidmet ist, hat die Jury von Interfilm Schweiz den mit 2.500 CHF dotierten Prix Célestine verliehen. Mit dem Preisgeld wird die Verbeitung des Films im deutschsprachigen Raum unterstützt. Der Preis geht an "Petit pays" von Éric Barbier (Frankreich 2020) nach dem gleichnamigen Roman von Gaël Faye.
Der Film erzählt von einem kleinen Jungen, der mit seinem Vater, einem Unternehmer, seiner ruandischen Mutter und seiner kleinen Schwester in den 1990er Jahren in Burundi lebt. Als der Bürgerkireg zwischen Huti und Tutsi ausbricht, findet seine Kindheit ein jähes Ende.
In der Begründung der Jury für ihre Auszeichnung heißt es: "Petit Pays zeigt eine französisch-ruandische Familie im von politischen Unruhen geschüttelten Burundi der 1990er Jahre. Die Kamera richtet einen einfühlsamen Blick auf die Kinder und ihr Verhalten. Sie spiegeln mit ihrer Ambivalenz die Welt der Erwachsenen, die in der zunehmend gewalttätigen Konfliktsituation Orientierung und Selbstbestimmung verlieren. Der Film führt eindrücklich vor Augen, zu wie viel Grausamkeit Menschen in Ausnahmesituationen fähig sind, aber auch wie immer wieder Solidarität und Lebensfreude möglich werden. Es gelingt ihm sogar, Momente der Hoffnung zu vermitteln."
Mitglieder der Jury waren Jean-Paul Käser (Präsident), Stefan Affolter, Annette Jumgen und Christine Ris.
One-Future-Preis 2020 für Dokumentation über Umweltprojekt
Der 35. One-Future-Preis der Interfilm-Akademie München geht an die britische Produktion "The Great Green Wall" von Jared P. Scott. Der Film dokumentiert ein großangelegtes Umweltprojekt in Afrika: die Pflanzung eines 8.000 km langen Baumgürtels quer durch den Kontinent, der die Ausbreitung der Wüste aufhalten soll. Die Preisverleihung fand im Rahmen des 14. Fünf Seen Filmfestivals am 6. September in Gauting statt. In der Vergangenheit wurde der One-Future-Preis beim Filmfest München verliehen, das in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste. Der Initiator des Fünf-Seen-Filmfestivals, der Kinobetreiber Matthias Helbig, wurde mit dem Ehrenpreis der Interfilm-Akademie "für seinen unermüdlichen Einsatz für das Filmwesen auch in schwierigen Zeiten" ausgezeichnet.
In der Begründung für die Auszeichnung der Dokumentation Jared Scotts heißt es: "Wasser ist Leben. Wasser ist Zukunft. Das nunmehr seit 15 Jahren laufende Projekt The Great Green Wall ist eines der engagiertesten Projekte unserer Zeit. Quer über den afrikanischen Kontinent wird ein 8.000 km langer Baumgürtel gepflanzt. Dieser soll die Ausbreitung der Wüste verhindern und so den Wasserbestand erhalten und fördern. (...) Der Dokumentarfilm ist einer der wenigen aktuellen Filme, die wirklich Mut machen und dies in Anbetracht der immer noch vorherrschenden Umstände: Wasserknappheit, Dürre und in Folge Bürgerkriege und Flüchtlingsströme. The Great Green Wall zeigt, wie Menschen in Afrika diese Probleme anpacken und hilft uns zugleich, deren globale Bedeutung für eine gemeinsame Zukunft zu verstehen: One Future."
Die Jury der Interfilm-Akademie verlieh außerdem eine Lobende Erwähnung an den polnischen Spielfilm "Corpus Christi" von Jan Komasa. "Corpus Christi – ein Film, der einen zerreißt. Nicht nur durch seine Bilder, sondern auch durch das Ringen in der Auseinandersetzung um Macht, Schuld und Vergebung. Was wie ein Thriller aufgebaut ist, erweist sich als Predigt", so die Jury. Corpus Christi handelt von einem jungen Mann, der während seiner Jugendhaftzeit eine spirituelle Wandlung durchläuft und nach seiner Entlassung in die Rolle eines Dorfpfarrers schlüpft.
Jurymitglieder unter dem Vorsitz von Pfarrer Eckart Bruchner waren in diesem Jahr Bhagu T. Chellaney, Ileana Cosmovici, Natalia Putintseva und Christine Weissbarth. Der One-Future-Preis der Interfilm-Akademie wird seit 1986 verliehen.
15. Prix Interculturel beim Filmschoolfest München 2019
Seit 2005 vergibt die Interfilm-Akademie München den Prix Interculturel beim Filmschoolfest Munich (früher: Festival der Filmhochschulen München). 2019 verleiht die Jury der Interfilm-Akademie den 15. Prix Interculturel an "La dernière séance" (Rock Out) von Alice Gadbled (Belgien 2019). Die aus Straßburg stammende Regisseurin hat am Institut des Arts de Diffusion in Belgien studiert.
Die Begründung der Jury für die Auszeichnung lautet: "'Das macht man nicht' - beim Thema 'Trauer und Tod' gibt es viele Tabus und Unsicherheiten. Dieser Film macht Mut, den eigenen Gefühlen zu folgen, einen individuellen Weg mit der Trauer zu gehen und gleichzeitig Stärkung in der Gemeinschaft zu erfahren. Er bestärkt darin, ein großes, schweres Thema mit Humor und Leichtigkeit zu behandeln. Die Geschichte ist mit Vertrauen, Witz und Respekt vor der individuellen Persönlichkeit geführt. Unprätentiös und mit feinem Gespür für ausdrucksstarke Bilder gelingt es Alice Gadbled, Schauspieler*innen und Kamera - trotz der Präsenz des Todes - das Leben feiern zu lassen."
Der Prix Interculturel ist von der Interfilm-Akademie mit 1.500 € dotiert.
Die Jury vergibt außerdem eine Lobende Erwähnung an den Film "Armed Lullaby" von Yana Ugrekhelidze (Deutschland 2019). Die Regisseurin wurde in Tiflis (Georgien) geboren und studierte an der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf und an der Kunsthochschule für Medien in Köln. "Armed Lullaby" ist ihr Diplomfilm.
In der Begründung der Jury heißt es: "Eine Animation Documentary über den Abchasischen Bürgerkrieg, in dem die Flucht aus der Sicht von vier Kindern und vier verschiedenen Fluchtwegen gezeigt wird. Dieser Film berührt mit seinen ausdrucksstarken Bildern und dem Mut, unterschiedliche Techniken zu verweben. Die wortlose Sprache des Films ist still und aufwühlend, sie stellt der Grausamkeit des Krieges und dem Elend der Flucht eine sanfte Ästhetik gegenüber, verbindet religiöse Symbolik mit märchenhaften Imaginés und einer berührenden Musik."
Mitglieder der Jury waren Dr. Peter Marinković (Direktor der Interfilm-Akademie, München), die Schauspielerin Cornelia Corba und die Kulturwissenschaftlerin Gundi Doppelhammer.
One-Future-Preis 2019
Die Jury der Interfilm-Akademie hat beim Filmfest München (27.6.-6.7.2019) den chilenischen Spielfilm "Perro Bomba" mit dem One-Future-Preis 2019 ausgezeichnet. Die undotierte Auszeichnung wurde zum 34. Mal vergeben.
Die Begründung der Jury lautet: "Perro Bomba zeigt, auf erschreckend reale Art, die existenzielle Notsituation eines haitianischen Immigranten in Chile. Ohne zu stark zu polarisieren, geht man mit dem Protagonisten durch eine Welt der Widerstände, des Rassismus sowie der eigenen Sehnsüchte und Traditionen.
Perro Bomba verzichtet auf Hochglanzbilder und bombastische Kinoästhetik und vermittelt mit schlichten, dokumentarisch anmutenden Bildern den Eindruck einer Echtheit, die dem Film tatsächlich zugrunde liegt. Aus genauen Beobachtungen im eigenen Umfeld und entstanden aus Improvisationen, kreiert Juan Cáceres mit seinen Darstellern eine Geschichte, die einen berührt und in ihrer Tragik ergreift.
Von der Handlung losgelöste, wiederkehrenden Musikeinlagen symbolisieren die Freude und den Stolz der Haitianer, wodurch auf spielerische und erfrischende Art ein einseitiger, problembelasteter Blick verhindert wird. Perro Bomba thematisiert einen brisanten Aspekt der jüngsten Geschichte Chiles, zeigt gesellschaftliche Missstände auf und spricht damit gleichzeitig eine universelle Problematik an. Der Film beweist den Idealismus eines Regisseurs, der für eine gerechtere, bessere Welt kämpft. Wir glauben, dass von Juan Cáceres noch große, relevante Filme zu erwarten sind und möchten ihn auf diesem Weg ermutigen."
Mitglieder der Jury waren Peter Marinkovic, Direktor der Interfilm-Akademie, die Regisseurin Mirjam Orthen und die Schauspielerinnen Franziska Ball und Irina Kurbanova an.
Das Motto des One-Future Preises lautet: "Die Menschen unseres Jahrhunderts haben eine einzige unteilbare Zukunft – One Future. In diesem Sinne zeichnet der One-Future-Preis jedes Jahr einen Film aus dem Programm des Filmfests München aus, der diesen Gedanken in ethisch wie filmästhetisch überzeugender Weise umsetzt."
Mit dem Ehrenpreis der Interfilm-Akademie wurde die Schauspielerin Elisabeth Wicki-Endriss für ihr Lebenswerk als Schauspielerin, Bewahrerin des Filmerbes von Bernhard Wicki (1919-2000) und Förderin der Film-Friedensarbeit ausgezeichnet. Sie gründete den Bernhard Wicki Gedächtnisfonds e.V. und in dessem Rahmen die Stiftung "Friedenspreis des deutschen Films - Die Brücke", die nach dem bekannten Film Wickis aus den fünfziger Jahren benannt ist.
Schweizer Interfilm-Jury verleiht Prix Célestine in Biel
Am Festival du Film Français d’Helvétie, das vom 11.-15. September 2019 zum 15. Mal in Biel-Bienne und zum dritten Mal gleichzeitig auch in Bern stattfand, hat eine aus vier Mitgliedern bestehende nationale Jury von Interfilm Schweiz erneut den „Prix Célestine“ verliehen. In Anlehnung an die Kriterien, die INTERFILM im Rahmen ökumenischer Jurys an internationalen Filmfestivals zugrunde liegen, versteht sich der mit CHF 2‘500 ausgestattete Preis im Sinne der Förderung der Zweisprachigkeit als Beitrag an Verleih und Vertrieb des Films in der deutschsprachige Schweiz. Aus dem in Zusammenarbeit mit dem Festival zusammengestellten Programm zeichnete die Jury den autobiografisch gefärbten Erstlingsfilm „Les éblouis” von Sarah Suco (Frankreich 2019) aus.
In der Begründung der Jury heißt es: "Der Regisseurin gelingt es, mit viel Fingerspitzengefühl die beklemmende Geschichte der fröhlichen 12 jährigen Camille zu erzählen, die ihre Passion als Zirkusartistin lebt. Als sich die Eltern entscheiden, mit ihren vier Kindern in eine katholische fundamentalistische Gemeinschaft einzutreten, beginnt der subtile und manipulative Psychoterror. Hilflos erlebt Camille, wie mit Riten von Exorzismus und drakonischen Strafen die ganze Familie sukzessive gebrochen wird. Zusehends übernimmt das Mädchen die Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister. Die Spannung und das Unverständnis steigern sich bis zu dem Moment, wo eine schreckliche Begebenheit Camille befähigt, Hilfe zu holen.
Der Film besticht durch eine eindringliche Kameraführung und durch hervorragende Schauspielerinnen und Schauspieler und insbesondere durch Céleste Brunquell, welche die Rolle der Camille überzeugend interpretiert."
Mitglieder der Jury waren Brigitte Affolter (Biel), Esther Gaillard (Jurypräsidentin, Fechy), Christine Ris (Schüpfen) und Denise Spörri-Müller (Greng).
Link: Festival-Website
achtung berlin - new berlin film award 2019
Der Dokumentarfilm "Der Stein zum Leben" von Katinka Zeuner hat den mit 1000 € dotierten Preis der Ökumenischen Jury beim 15. Festival achtung berlin - new berlin film award (10.-17. April 2019) erhalten. Das Preisgeld wird gestiftet vom Erzbistum Berlin und der Evangelischen Kirche Berlin - Brandenburg - Schlesische Oberlausitz. Der Film setzt sich mit der Arbeit eines Steinmetzen auseinander.
In der Begründung der Jury heißt es: "Katinka Zeuner fängt mit dem Dokumentarfilm Der Stein zum Leben ein Thema ein, über das keiner gerne spricht, aber jeden irgendwann betrifft: die Endlichkeit des Lebens. Man meint, einem Steinmetz dabei zuzusehen, wie er Grabsteine gestaltet. Doch es ereignet sich viel mehr. Der Tod wird bearbeitet, nicht nur der Stein. Leise und tiefgehend, zurückhaltend und gleichzeitig ganz nah dran an den Protagonisten sehen wir, wie heilsam und selbstverständlich das Reden über Verlust und Erinnerung sein kann. In ruhigen Bildern zeigt Zeuner ihrem Publikum in dem Bildhauer Michael Spengler einen Seelsorger im allerbesten Sinne, der Trauerarbeit in Wort und Stein möglich macht. Das Wirken von Michael Spengler und das fein erzählte filmische Portrait von Katinka Zeuner hat die ökumenische Jury gleichermaßen beeindruckt."
Jurymitglieder waren Diana S. Freyer, Geschäftsführerin des Diözesanrats des Erzbistums Berlin, Friederike Höhn, Redakteurin der evangelischen Wochenzeitung "die Kirche", Johannes Wilhelm, Redakteur der Hörfunk- und Fernseharbeit des Erzbistums, und Roland Wicher, Pfarrer, Filmpublizist und INTERFILM-Mitglied.
Als Bester Film des Festivals in der Kategorie Spielfilm wurde "Frau Stern" von Anatol Schuster ausgezeichnet, der auch den Preis für die Beste Schauspielerin erhielt. Er ging an Ahuva Sommerfeld (posthum) und Kara Schröder als Großmutter und Enkelin. Auch die Jury des Verbands der deutschen Filmkritik zeichnete den Film aus.
Link: Interview mit der Regisseurin auf feinschwarz.net
Link: Festival Website
10. Kirchliches Filmfestival Recklinghausen
Der für den Oscar nominierte Dokumentarfilm "Of Fathers and Sons" von Talal Derki gewann den Hauptpreis des 10. Kirchlichen Filmfestivals Recklinghausen (20.-24. März 2019). Im Zentrum stehen zwei Brüder im Alter von 12 und 13 Jahren, die auf Wunsch ihres Vaters zu islamistischen Gotteskriegern ausgebildet werden. Der Preis ist mit € 2000.- dotiert, gestiftet von der Stiftung Protestantismus, Bildung und Kultur des Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes Westfalen und Lippe und dem Bistum Münster.
Einen Ehrenpreis verlieh das Festival an Wim Wenders, der in einem Filmgespräch seinen Film "Franziskus - Ein Mann seines Wortes" über Papst Franziskus vorstellte. Im Programm stand außerdem Wenders Film "Der Himmel über Berlin" in einer digital restaurierten Fassung.
Das Festival zeigte insgesamt 18 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme, darunter auch die französische Produktion "Gelobt sei Gott" (Grace à Dieu" von François Ozon, die sich mit dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche auseinandersetzt. Veranstalter ist ein Ökumenischer Arbeitskreis des Evangelischen Kirchenkreises und des Katholischen Kreisdekanats Recklinghausen, künstlerische Leiter sind Horst Walther und Michael M. Kleinschmidt vom Instiut für Kino und Filmkultur (IKF).
FILM DES JAHRES 2018: "In den Gängen"
Seit 1951 zeichnet die Evangelische Filmjury in Deutschland monatlich den besten aktuellen Kinofilm als FILM DES MONATS aus. Unter den von ihr 2018 ausgezeichneten Filmen wählte die Jury Thomas Stubers "In den Gängen" zum FILM DES JAHRES. Die Preisverleihung fand am 15. Dezember 2018 im Deutschen Filmmuseum statt, die Laudatio hielt die Journalistin und Schriftstellerin Kirsten Decker. Die undotierte Auszeichnung geht an den Verleih des Films, Zorro Film.
In der Begründung der Jury zur Wahl des Films als FILM DES MONATS heißt es: "Der Film von Thomas Stuber, der auf einer Kurzgeschichte aus dem Band „Die Nacht, die Lichter“ von Clemens Meyer beruht, schildert die Lebenswirklichkeit von Menschen, die selten öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Mit sorgfältigen und feinen Federstrichen, die ebenso poetisch wirken wie sie nüchtern sind, zeigt der Film die sozialen Beziehungen zwischen Menschen in ihrer Arbeitswelt und macht dabei auch die Auswirkungen der Transformation in Ostdeutschland sichtbar. Ein lakonischer Film, der seine Protagonisten und deren routinemäßigen Arbeitsalltag so aufmerksam und bei aller Ernsthaftigkeit mit einem Funken Humor schildert, dass man inspiriert wird, genauer hinzuschauen."
"In den Gängen" hat zuvor bereits den Preis der Ökumenischen Jury und den Gilde-Filmpreis bei der Berlinale 2018 erhalten.
"Siren" gewinnt Prix Interculturel
Der niederländische Kurzfilm "Siren" (Sirene) von Zara Dwinger hat den Prix Interculturel 2018 der Interfilm-Akademie München gewonnen. Der derzeit mit 1500 € dotierte Preis wird an Filme vergeben, die in ethisch und filmästhetische überzeugender Weise den interkulturellen Dialog zwischen jungen Filmschaffenden befördern, insbesondere den von Toleranz geprägten Erfahrungsaustausch zwischen den Weltreligionen. Der Film stand im Programm des Internationalen Festivals der Filmhochschulen in München (Film School Fest Munich, 19.-24.11.2018).
Die international besetzte Jury 2018 bestand aus dem Leiter der Interfilm-Akademie, Dr. Peter Marinković, der Musikerin Radmila Besic (Kroatien), der Filmemacherin Susan Gordanshekan (Iran) und dem Szenenbildner Johannes Sternagel (Deutschland).
In der Begründung der Auszeichnung heißt es: "Siren portraitiert subtil die Identitätssuche eines jungen Menschen und lässt dabei seinen Figuren viel Freiraum. Der Film besticht durch seine atmosphärische Dichte und die vielschichtigen Charaktere, die durch emotional einnehmende Schauspieler verkörpert werden. Die Regisseurin behandelt ein gesellschaftlich wichtiges Thema, sie ergreift Partei für diejenigen, die auf der Suche nach ihrer Geschlechtszugehörigkeit sind und erzählt von der Akzeptanz sich selbst und anderen gegenüber."
Der 26-minütige Film entstand an der Netherlands Film Academy in Amsterdam. Der Prix Interculturel wird seit 2005 vergeben. Die Interfilm-Akademie München ist eine Mitgliedsorganisation von INTERFILM.
Link: Website Film School Fest Munich
Link: Website der Interfilm-Akademie
"Prix Célestine" erstmals verliehen
Am Festival du Film Français d’Helvétie, das vom 12.-16. September 2018 zum 14. Mal in Biel-Bienne und zum 2. Mal gleichzeitig auch in Bern stattfand, hat eine nationale Jury von Interfilm Schweiz erstmals den „Prix Célestine“ verliehen. In Anlehnung an die Kriterien, die INTERFILM im Rahmen ökumenischer Jurys an internationalen Filmfestivals zugrunde liegen, versteht sich der mit CHF 2‘500 ausgestattete „Prix Célestine“ im Sinne der Förderung der Zweisprachigkeit als Beitrag zur Herstellung deutscher Untertitel und Verleihempfehlung für die deutschsprachige Schweiz.
Ausgezeichnet wurde der Film "Nos batailles" von Guillaume Senez (Belgien, Frankreich 2018). In der Begründung der Jury heißt es: "Olivier kämpft an seinem Arbeitsplatz für mehr soziale Gerechtigkeit. Sein Leben verändert sich mit einem Schlag, als seine Frau Laura stillschweigend die Familie verlässt. Die auf sich Alleingestellten müssen nicht nur den Verlust und die Ungewissheit über den Verbleib der Frau und Mutter bewältigen, sondern sich in ihren Beziehungen und Kommunikationsstrukturen neu erfinden. Es gelingt dem Regisseur hervorragend, auch aus der Optik der Kinder zu zeigen, wie trotz Schmerz, Schuldgefühlen und Verlustängsten ein neues gegenseitiges Vertrauen wachsen kann. Zudem zeigt Guillaume Senez auf ergreifende Weise die Parallele zwischen der zu meisternden Hingabe und Abgrenzung sowohl in der Arbeits- wie in der Familienwelt."
Link: Festival-Website
One-Future-Preis 2018 geht an Regisseurin aus Afghanistan
Beim 36. Filmfest München 2018 (28. Juni bis 7. Juli 2018) hat die Jury der Interfilm-Akademie den One-Future-Preis an den afghanischen Film "Nahai ba ramhis gomor" (A Letter to the President) von Roya Sadat vergeben. Mit einer Lobenden Erwähung wurde der österreichische Dokumentarfilm "Welcome to Sodom" von Florian Weigensamer und Christian Krönes ausgezeichnet. Den Ehrenpreis der Interfilm-Akademie erhielt der Filmkomponist Gerd Baumann.
Der One-Future-Preis der Interfilm-Akademie wird an Filme verliehen, die das Motto des Preises ethisch und filmästhetisch am überzeugendsten umsetzen. Es lautet: "Die Menschen unseres Jahrhunderts haben eine einzige unteilbare Zukunft - One Future". 2018 wurde die Aszeichnung zum 33. Mal vergeben. Mitglieder der Jury waren die Regisseurin und Performance-Künstlerin Navina Neverla (Indien/Deutschland), die Komponistin und Musikerin Verena Marisa (Deutschland/Brasilien) und der Regisseur und Drehbuchautor Thomas E. Rudzik (Polen). Vorsitzender der Jury war der Direktor der Interfilm-Akademie, Dr. Peter Marinković.
In der Begründung für die Auszeichnung von "A Letter to the President" heißt es u.a.: "Der Film erzählt von einer unerschrockenen, starken Frau, die trotz aller Widrigkeiten und fest verwurzelten patriarchalischen Strukturen bereit ist, für ihre eigene Freiheit sowie die anderer Frauen einzutreten, um das afghanische Rechtssystem zu schützen. (...) Erzählt wird all das von der gleichermaßen mutigen, jungen afghanischen Regisseurin Roya Sadat, der ersten weiblichen Vertreterin ihres Fachs in der Post-Taliban-Ära."
In der Begründung für die Auszeichnung von "Welcome to Sodom" schreibt die Jury: "Der Film erzählt von einer Dystopie, die längst Teil unserer globalen Realität geworden ist. 'Sodom' ist ein Ort, der uns alle angeht, ein globales Thema, das sowohl umweltpolitische als auch sozial und kulturell höchst relevante Fragen aufwirft."
Der Ehrenpreis für Gerd Baumann gilt einem Künstler, der, so die Interfilm-Akademie, "mit seinem unverwechselbaren Sound die deutsche Filmmusiklandschaft maßgeblich mit einer ganz eigenen musikalischen Handschrift geprägt hat, die seinen Filmen eine besondere Tiefe und Wahrhaftigkeit verleiht."
Die Preisverleihung fand am 7. Juli in der Black Box im Gasteig statt.
Link: Website der Interfilm-Akademie
achtung berlin - new berlin film award 2018
Die Ökumenische Jury beim 14. Festival achtung berlin - new berlin film award (11.-18. April 2018) verleiht ihren Preis an "Die neuen Kinder von Golzow" von Simone Catharina Gaul. Der Titel des Films spielt auf die Langzeitbeobachtung "Die Kinder von Golzow" an, die die DEFA-Regisseure Winfried und Barbara Junge von 1961-2007 über eine Schulklasse im brandenburgischen Golzow drehten. Der neue Film beschäftigt sich mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien, mit der der Bürgermeister von Golzow der Abwanderung der Einwohner begegnen will.
Die Begründung der Jury lautet: "Home is where the heart is – doch was ist, wenn das Herz nicht dort ankommt, wo du gut empfangen wirst, sondern dort bleibt, wohin du nicht zurückkehren kannst?
Simone Catharina Gaul gelingt mit Die neuen Kinder von Golzow ein liebevolles und gleichermaßen unaufgeregtes Porträt einer syrischen Familie, die im verschlafenen Dorf Golzow im Oderbruchgebiet eine neue Heimat zu finden versucht – eine Heimat, die sie ohne den schrecklichen Krieg so nicht gesucht hätte. Der Film reflektiert aber auch ausgewogen und authentisch, dass um das Verständnis von „Heimat“ nicht nur die sogenannten Gutmenschen mit Willkommensfesten und Schrebergartenanträgen auf der einen Seite und die vielzitierten Wutbürger mit Mistgabeln und Fackeln auf der anderen Seite ringen. Und dass diejenigen, die sehr wohl anerkennen, dass ohne die Neuankömmlinge aus Syrien ihre aus den DEFA-Filmen bekannte Schule hätte geschlossen werden müssen, ihre Zweifel haben, ob ihr Integrationswille auch für 80 junge, allein reisende Männer gereicht hätte.
So wird deutlich, dass die unglaublich starke Protagonistin Halima und ihr Mann Fadi trotz ihrer vielen Unterstützer und Freunde am meisten darunter leiden, dass Golzow für sie niemals so sein wird wie ihre syrische Heimat, während ihre Kinder aber schon ganz selbstverständlich in der Jugendfeuerwehr des Dorfes mitmachen, eine Klasse überspringen oder Fangen auf Deutsch spielen. Wo also beginnt Heimat und wie viel meines Herzens muss schon dort sein?
Die Ökumenische Jury zeichnet Gauls Dokumentarfilm aus, weil er nah an die Menschen in Golzow herankommt und eine Geschichte erzählt, die Partei ergreift für die unterschiedlichen Realitäten der alten und neuen Dorfbewohner und vor allem eines verdeutlicht: dass niemand Heimat, Zukunft und Hoffnung verwehren darf."
Der Preis ist mit 1000 € dotiert, gestiftet von Potsdam TV.
Mitglieder der Jury waren die Pfarrerin Johanna Friese, Anna Grebe, Medienwissenschaftlerin und Mitglied de Katholischen Filmkommission, Frank Hohn, Vorstandsvorsitzender der evangelischen Hoffbauer-Stiftung Potsdam-Hermannswerder, und Thomas Rathmann, Leiter des Gymnasiums der Katholischen Marienschule in Potsdam.
FILM DES JAHRES 2017: "Moonlight"
Seit mehr als 60 Jahren vergibt die Evangelische Filmjury das Prädikat FILM DES MONATS an einen aktuell im Kino gestarteten Film. Aus den 2017 ausgezeichneten Filmen wählte sie den FILM DES JAHRES: das Drama „Moonlight“ von Barry Jenkins. Der Film erzählt in drei Kapiteln die Entwicklung eines schwarzen Schwulen aus Miami von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter, der mit der Vernachlässigung durch eine drogenabhängige Mutter, Ausgrenzung und Gewalt aufwächst.
Die Preisverleihung fand am Samstag, den 16. Dezember, 20.15 Uhr, im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt am Main statt. In einer Laudautio würdigte die Filmkritikerin Verena Lueken, Redakteurin der FAZ, den Film. Mit dem undotierten Preis geehrt wird der Verleih des Films, DCM.
In der Begründung der Evangelischen Filmjury für ihre Auszeichnung heißt es: „Was es heißt, anders als die Mehrheit zu empfinden und in einem von Gewalt geprägten Milieu sich behaupten zu müssen, macht der Film in einer geschickten Mischung von dramatischen und emotionalen Momenten deutlich. Der im Original glänzend getroffene Jargon, die Körperlichkeit der Darstellung und eine bewegliche, wechselnde Perspektiven eröffnende Kamera verleihen der Persönlichkeit der Hauptfigur plastisches Profil. Entstanden ist dabei das sensible Porträt eines Menschen und seiner sozialen Welt, die Diskriminierung und Marginalisierung ausgesetzt sind und sich selbst überlassen bleiben. Der Film nimmt ihre Würde ernst und sensibilisiert für die Eigenart und Verletzlichkeit jedes einzelnen.“
„Moonlight“ wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so mit dem Oscar 2017 der American Academy for Motion Pictures Arts and Sciences für den Besten Film und mit dem Golden Globe 2017 für den Besten Spielfilm.
One-Future-Preis beim Filmfest München 2017
Im Rahmen des 35. Filmfests München (22. Juni-1. Juli 2017) hat die Jury der Interfilm-Akademie zum 32. Mal den One-Future-Preis verliehen. Er geht an die italienische Produktion "Cuori puri" (Pure Hearts/Reine Herzen) von Regisseur Roberto de Paolis.
Mit dem One-Future-Preis werden Filme ausgezeichnet, die in ethisch und ästhetisch überzeugender Weise dem Motto des Preises Ausdruck verleihen, Es lautet: "Die Menschen unseres Jahrhunderts haben eine einzige unteilbare Zukunft - One Future."
Zum Film und zu seiner Auszeichnung heißt es in einer Pressemitteilung der Interfilm-Akademie:
"Agnese (Selene Caramazza) und Stefano (Simone Liberati) sind von Grund auf verschieden. Sie ist erst siebzehn, lebt mit ihrer streng katholischen Mutter Martha und steht kurz davor, ein Keuschheitsgelübde abzulegen - in der real existierenden Gemeinschaft CUORI PURI. Stefano ist ein 25-jähriger Mann mit heftigem Temperament und einer schwierigen Vergangenheit, der als Parkwächter arbeitet. Geld braucht er vor allem für seine Eltern, die gerade zwangsgeräumt wurden. Ihre Romanze entwickelt sich aus einer unerwarteten Begegnung heraus, die beide vom ersten Moment an mit den Fragen nach Moral und Vertrauen konfrontiert.
Roberto de Paolis vielschichtiger Debütfilm eröffnet einen intelligenten und sehr berührenden Blick auf die gesellschaftspolitischen Probleme des heutigen Italien. Zunächst scheinbar nur ein Liebesfilm über zwei junge Menschen aus sehr unterschiedlichen sozialen Milieus, nimmt der 1980 in Rom geborene Regisseur die Flüchtlingsthematik zunehmend in den Fokus. Über die Grenzen Italiens hinaus besitzt seine Geschichte Gültigkeit für ein Europa , das sich in seiner globalen Verantwortung, aber auch in seiner inneren gesellschaftlichen Konstellation neu orientieren muss. Die schauspielerische Leistung der beiden jungen Hauptdarsteller ist fesselnd und berührend zugleich. Facettenreich gelingt es ihnen, die feine Nuancen ihres inneren Konflikts deutlich werden zu lassen, ohne in Klischees zu verfallen. Am Ende vermitteln ihre Figuren glaubwürdig die Beweggründe ihres für sie radikalen Handelns."
Mit dem Ehrenpreis der Interfilm-Akademie wurde der Filmproduzent Arthur Brauner ausgezeichnet, der in Kürze 99 Jahre alt wird. Seine CCC, die heute von seiner Tochter Alice geleitet wird, wurde bereits 1946 gegründet. Im Anschluss an die Preisverlehung wurde die Dokumentation "Marina, Mabuse und Morituri" von Kathrin Anderson gezeigt, der das Lebenswerk Brauners würdigt.
Link: Website der Interfilm-Akademie
achtung berlin - new berlin film award 2017
Auch die 13. Ausgabe von achtung berlin - new berlin film award, dem Filmfestival für neues deutsches Kino aus Berlin und Brandenburg, hat eine Ökumenische Jury - zum zehnten Mal seit 2008, als sie erstmals einen Preisträger auswählte. Das Festival, das im Kino International am 19. April eröffnet und am 26. April mit der Preisverleihung im Kino Babylon beendet wurde, zeigte dort und in weiteren Berliner Kinos insgesamt über 80 Produktionen: lange, mittellange und Kurzfilme sowie Dokumentarfilme. Die Ökumenische Jury vergab ihren Preis an "ER SIE ICH" von Carola Knittel und eine Lobende Erwähnung an "Als Paul über das Meer kam" von Jakob Preuss. Beide standen im Wettbewerbsprogramm für Dokumentarfilme.
Mitglieder der Ökumenischen Jury in diesem Jahr waren Karsten Bammel, Lehrer an einem Berliner Gymnasium, die Medienwissenschaftlerin Anna Grebe, Angelika Obert, die frühere Filmbeauftragte der evangelischen Kirche in Berlin - Brandenburg - Schlesische Oberlausitz und langjähriges Vorstandsmitglied von INTERFILM, und Frater Leopold Stübner SJ, Kommunikationsspezialist und Foto- und Videojournalist. Ihr Preis ist von Radio Paradiso mit 1000.- € dotiert.
FILM DES JAHRES 2016: "Toni Erdmann"
Seit mehr als 60 Jahren vergibt die Evangelische Filmjury das Prädikat FILM DES MONATS an einen aktuell im Kino startenden Film. Aus den 2016 ausgezeichneten Filmen wählte sie den FILM DES JAHRES: die Tragikomödie „Toni Erdmann“ von Maren Ade. Der Film erzählt von der Beziehung zwischen Winfred, einem Musiklehrer der 68er-Generation, und seiner Tochter Ines, die als Unternehmensberaterin Karriere macht. Bei einem Auftrag in Bukarest taucht er mit Perücke und falschem Gebiss als „Toni Erdmann“ auf und bringt ihr auf Erfolg ausgerichtetes Leben durcheinander.
Die Preisverleihung fand am Samstag, den 10. Dezember, 19.45 Uhr, im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt am Main statt. In einer Laudautio würdigte der Filmkritiker Andreas Busche, Redakteur von kinofenster.de und Autor von epd Film, den Preisträger. Mit dem undotierten Preis geehrt wird der Verleih des Films, NFP Marketing & Distribution.
In der Begründung der Evangelischen Filmjury für ihre Auszeichnung heißt es: „Familienkomödie, Gesellschaftssatire, Frauendrama: ‚Toni Erdmann‘ hat ein bisschen von allem - und ist doch ganz anders, vollkommen eigen. Über nahezu drei Stunden entfaltet der Film das Psychogramm einer Gesellschaft, die den Kontakt zur Wirklichkeit verloren hat. In Bukarest halten Ines und ihre Kollegen das neoliberale Lebensmodell in Schwung. Was das den Einzelnen kostet, macht der Film fast physisch spürbar Die allmähliche Annäherung zwischen der zweckrationalen Tochter und dem "närrischen" Vater, bringt jedoch etwas Subversives in die Geschichte - sie eröffnet Spielräume für Gefühle, Fürsorge, Bedürftigkeit. Einen deutschen Film, der so erfindungsreich und gelassen das Individuelle mit einer weiträumigen sozialen Perspektive verbindet, hat es lange nicht gegeben.“
„Toni Erdmann“ wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so mit dem Preis der internationalen Filmkritik bei seiner Uraufführung in Cannes und zuletzt mit dem LUX-Filmpreis des Europäischen Parlaments.
One-Future-Preis beim Filmfest München 2016
Mit dem One-Future-Preis 2016 der Interfilm-Akademie München wurde der Film "Eine unerhörte Frau" von Hans Steinbichler (Deutschland 2015) ausgezeichnet. Die Auszeichnung wurde im Rahmen des 34. Filmfests München (23.6.-2.7.2016) vergeben.
In der Begründung der Jury heißt es: "Die wahre Geschichte der Bäuerin Hanni, grandios und anrührend von Rosalie Thomass verkörpert, ist ein starkes Plädoyer dafür, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Von der Gesellschaft und ihrer Familie alleine gelassen, schenkt Hanni ihrer kranken, kleinen Tochter als Einzige Glauben und nimmt erfolgreich den Kampf gegen oft selbstherrliche Autoritäten auf. Nicht ernst genommen und herabgewürdigt verliert sie nicht die Hoffnung und setzt sogar ihre Existenz aufs Spiel, um ihre Tochter retten zu können. Der One-Future-Preis geht in diesem Jahr an Eine unerhörte Frau, ein Film, der nachvollziehbar und glaubwürdig zeigt, wie wichtig es ist, auch auf Schwächere zu hören."
Die Jury vergab außerdem Lobende Erwähnungen an "Die Reise mit Vater" von Anca Miruna Lăzărescu und an "Lo and Behold: Reveries on the Connected World" von Werner Herzog.
Einen Ehrenpreis verlieh die Interfilm-Akademie an Prof. Heiner Stadler, der an der Hochschule für Film und Fernsehen München lehrt.
Mitglieder der Jury waren Peter Marinković (Vorsitzender), Galina Antoschewskaja, Bhagu T. Chellaney, Ilena Cosmovici und Franz Indra.
FILM DES JAHRES 2015: "Taxi Teheran"
Als besten Film des Jahres hat die Evangelische Filmjury in Deutschland den iranischen Berlinale-Gewinner "Taxi Teheran" von Jafar Panahi ausgezeichnet. Die Auszeichnung FILM DES JAHRES ist dem Verleiher des Films gewidmet. Sie ging dieses Jahr an Dr. Michael Kölmel, Geschäftsführer des Weltkino-Filmverleihs. Die Jury wählt den FILM DES JAHRES aus den zwölf Filmen aus, denen sie im Verlauf eines Jahres das Prädikat FILM DES MONATS verliehen hat.
Die Preisverleihung fand im Rahmen einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Frankfurt und des Filmkulturellen Zentrums im GEP am 12. Dezember 2015 im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt statt. Nach einer Begrüßung durch die stellvertretende Juryvorsitzende, Claudia Cippitelli, hielt der Filmkritiker Thomas Klingenmaier, Leiter des Filmressorts der Stuttgarter Zeitung, die Laudatio auf den Film. Michael Kölmel nahm die Preisurkunde entgegen und berichtete in seiner Dankesrede unter anderem von den Schwierigkeiten, Filme wie "Taxi Teheran" in Deutschland zu verbreiten. So war das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland nicht bereit, die Ausstrahlungsrechte zu erwerben - trotz erfolgreicher Zuschauerzahlen in den Kinos. Über 200.000 Menschen haben den Film in Deutschland gesehen. Auch Preisverleihung und Vorführung des Films waren ausverkauft - zur Freude der Veranstalter, die das Ereignis abschließend mit einem Sektempfang feierten.
Dokumentarfilm über Putsch in Russland 1991 mit „Leipziger Ring“ geehrt
Der Dokumentarfilm „The Event“ (Sobytie) über den Putsch in Russland im August 1991 ist am Donnerstag, 29. Oktober, mit dem „Leipziger Ring“ ausgezeichnet worden. Der mit 5.000 Euro dotierte Filmpreis der Stiftung Friedliche Revolution wurde in der Leipziger Nikolaikirche an Sergei Loznitsa verliehen. Er beschreibt darin mit Archivbildern das Ende einer Epoche. Die Stiftung würdigt mit dem Preis einen künstlerischen Dokumentarfilm, der bürgerschaftliches Engagement für Demokratie und Menschenrechte beispielhaft aufzeigt oder der unter großem persönlichem Einsatz und Mut des Regisseurs gegen Widerstände und Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit entstanden ist.
FILM DES MONATS Juli 2015: "Loin des hommes"
Als FILM DES MONATS Juli 2015 hat die Jury der Evangelischen Filmarbeit „Den Menschen so fern“ (Loin des hommes) von David Oelhoffen ausgezeichnet. Der Film, der auf einer Erzählung von Albert Camus basiert, spielt zu Beginn des algerischen Befreiungskrieges und erzählt von dem Lehrer Daru, der einen des Mordes beschuldigten algerischen Bauern durch das Atlasgebirge zum nächsten Gerichtshof bringen soll. Dabei geraten beide zwischen alle Fronten. Der Regisseur, so die Jury in ihrer Begründung, habe „einen stilistisch strengen, eleganten und elegischen Film, der hoch aktuelle Fragen aufwirft“ vorgelegt. Weiter heißt es: „Die Reise durch den unwegsamen Atlas wird für die Männer und den Zuschauer zu einer in jeder Hinsicht komplexen Navigation: zwischen ethnischen, religiösen und politischen Konfliktlinien, der repressiven kolonialen Vergangenheit und einer vielleicht besseren, aufgeklärteren Zukunft.“ Der Film, der auch mit dem SIGNIS-Preis und dem INTERFILM-Preis zur Förderung des interreligiösen Dialogs in Venedig 2014 ausgezeichnet wurde, kommt am 9. Juli in die Kinos.
One-Future-Preis beim Filmfest München 2015
"Babai" von Visar Morina hat beim 33. Filmfest München den One-Future-Preis der Interfilm-Akademie 2015 gewonnen. Lobende Erwähnungen erhielten "Mediterranea" von Jonas Carpignano und "Sunrise" von Partho Sen-Gupta. Mit einem Ehrenpreis für sein filmpublizistisches Schaffen wurde posthum der Filmkritiker Bodo Fründt ausgezeichnet.
Visar Morina wurde 1979 im Kosovo geboren und schloss 2009 sein Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln mit dem Kurzfilm "Der Schübling" ab. Die Begründung der Auszeichnung von "Babai" lautet: Mit den Mitteln eines Road Movies und einer Coming-Of-Age-Migrationsgeschichte schildert der Film den Weg des 10-jährigen Nori auf der Suche nach seinem geflohenen Vater vom Kosovo über Montenegro nach Deutschland. Die resignative Grundstimmung wird immer wieder aufgebrochen durch überraschende Rollenwechsel innerhalb einer hinreißenden Hassliebe zwischen Vater und Sohn. Durch Rückschläge lässt Nori sich nicht entmutigen, auch im Exil wächst Nori an den Herausforderungen. Visar Morina überzeugt durch seine dichte, konzentrierte Erzählweise. Bewusst greift er Gestaltungsmittel des italienischen Neorealismus auf. Feinsinnig korrespondiert er die Farbdramaturgie mit der Trostlosigkeit und der Mattigkeit der jeweiligen Situation der Erwachsenen. Am Ende eröffnet Morinas Debütfilm durch eine eindringliche lichtvolle Vision einen Ausblick auf eine möglicherweise hoffnungsvolle Zukunft."
In "Mediterranea" sah die Jury "ein bildgewaltiges, opulentes Werk, das die Odyssee afrikanischer Emigranten von Burkina Faso durch die Sahara über das Mittelmeer nach Italien beschreibt." Und der Film von Partho Sen Gupta sei "ein visuell überwältigender Independent-Film, der sich bewußt von Bollywood-Standards absetzt und in der Tradition eines Mrinal Sen steht. (...) Der Regisseur integriert auf eindrucksvolle Weise tiefenpsychologische wie mythologische Dimensionen in einen komplexen 'Neo-Noir-Thriller', dessen Thematik brisant und zugleich hochaktuell ist."
Mitglieder der Jury waren der Präsident der Interfilm-Akademie, Eckart Bruchner (Vorsitzender), Ileana Cosmovici, Bhagu T. Chellaney, Galina Antoschewskaja und Peter Marinkovic.
achtung berlin - new berlin film award 2015
Der Preis der Ökumenischen Jury beim Filmfestival achtung berlin, dotiert mit 1.000 Euro, gestiftet vom X Verleih, geht an den Dokumentarfilm MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT - BYUNG-CHUL HAN IN SEOUL / BERLIN von Isabella Gresser.
Die Jury-Mitglieder waren in diesem Jahr: der Schauspieler Roland Avenard, die Schauspielerin und Filmkritikerin Dorothea Holloway, der Kunstbeauftragte des Erzbistums Berlin, Pater Georg Maria Roers SJ und der evangelische Pfarrer Roland Wicher.
In der Laudatio schreibt die Jury: „Der Film widmet sich dem Denken und Leben des Philosophen Byung Chul Han. Wir begleiten seine winterliche Reise von Berlin nach Korea, die er selbst in ruhigem 'voice over' kommentiert.
Die koreanische Gesellschaft erweist sich als 'Müdigkeitsgesellschaft' im fortgeschrittenen Stadium. Freiheit verkehrt sich in von digitalen Medien bestimmten Zusammenhängen in ihr Gegenteil. Der Zwang zur ständigen Produktion und Verarbeitung von Information treibt die Selbstausbeutung der Menschen in immer neue Höhen. Die Kehrseite ist unsere freiwillige Auslieferung an den neoliberalen Kapitalismus. Als Symptom sieht Han den exzessiven Gebrauch des Smartphones. Erschöpfungskrankheiten und Suizidalität sind die Folge nicht nur in Korea. Weltweit ist die Reiz- und Informationsüberflutung zu einer Bedrohung analogen Lebens geworden.
In kontemplativen Momenten des mühelosen Wanderns, der Erfahrung der Leere, ja der Müdigkeit selbst, kann sich eine neue Sicht auf unsere heutige Welt auftun. Hier eröffnet der Film die förmlich spirituelle Vision einer Alternativgesellschaft. In seinem Schlussbild nimmt der Film das Tempelhofer Feld als leeren, zum Flanieren und Spielen (homo ludens) einladenden Ort in den Blick. Für Han wird er zum Vorhof eines asiatischen Tempels. Der Film ist in seinen filmischen Mitteln sehr gut durchkomponiert.
Für diese hervorragende filmische Präsentation eines komplexen philosophischen Diskurses, der um dringliche Themen unserer Zeit kreist, und den beeindruckenden Einsatz von Kamera, Schnitt und Ton geht der Preis der Ökumenischen Jury an die Regisseurin Isabella Gresser, die 'Müdigkeitsgesellschaft' in mehreren Jahren erarbeitet hat.“
Kino für Blinde und die Frage nach der Verantwortung
Kino für Blinde – gibt’s nicht. Gibt’s doch: Beim 4. Kirchlichen Filmfestival Recklinghausen unter dem Leitwort „welten-bilder / bilder-welten“ im Cineworld-Theater erlebte das Publikum von Sehenden und Sehbehinderten gemeinsam eine Premiere in Inklusion, nämlich den Episodenfilm „Auf den zweiten Blick“ von Sheri Hagen in einer Fassung mit Audiodeskription. Dabei wird das Bild von einer Stimme begleitet, die zusätzlich zum gewohnten Ton alles erklärt, was Sehbehinderte nur noch schwach oder gar nicht wahrnehmen können: die Umgebung der Personen, ihre Mimik, ihre Kleidung. Für Sehende ist das gewöhnungsbedürftig, zumal der Kommentar häufig schon ein, zwei Sekunden vor dem nächsten Bild einsetzt. Für eine zielgruppen-orientierte Vorführung mag sich das Verfahren eignen, zumal es mehr als ein reines Hörspiel bietet. Beim üblichen Kinobesuch sollte den eher wenigen Sehbehinderten ein Kopfhörer zur Verfügung gestellt werden. Beim Festival reagierten die Zuschauer unterschiedlich. Sie habe die Augen geschlossen, bekannte eine Frau und eine andere, sie habe als Nichtbehinderte auf diese Weise mehr wahrgenommen.
„Auf den zweiten Blick“ macht die Autorin Sheri Hagen in ihrem selbst produzierten Spielfilm (dem ersten nach ihrem Kinderfilm „Stella und die Störche“) auf die Alltagsprobleme von Menschen aufmerksam, die ganz verschieden mit ihrer mehr oder minder schweren Sehbehinderung umgehen, von der fatalen Leugnung oder der fatalistischen Annahme ihres Schicksals bis zum fantasievollen Versuch, gemeinsam das Beste daraus zu machen. Der Recklinghäuser Propst Jürgen Quante überreichte der Filmemacherin, - auch stellvertretend für ihr engagiertes Team, das ohne Gage mitgewirkt hatte, - den Festivalpreis, den dieses Jahr das Bistum Münster mit 2000 Euro ausgestattet hatte. In seiner Laudatio rühmte er die gute Umsetzung der Botschaft „Du brauchst den Anderen“. (Kinostart am 10.Oktober 2013.)
Menschen im Spannungsfeld
Die Entscheidung hatte der ökumenische Arbeitskreis „Kirche & Kino“ des örtlichen Kirchenkreises und Kreisdekanats getroffen, unterstützt vom Institut für Kino und Filmkultur e.V. (IKF) in Wiesbaden, dessen Vertreter Horst Walther und Michael M. Kleinschmidt für die künstlerische Leitung des Programms verantwortlich sind. Mit der Auswahl wurden an drei Tagen elf Spiel- und Dokumentarfilme vorgestellt und öffentlich diskutiert, die sich „engagiert und künstlerisch überzeugend mit dem Menschen im Spannungsfeld von Arbeitswelten, Kulturen und Religionen auseinandersetzen“, so das Programm. Über 1800 Besucher waren dazu bereit.
Als Glücksfall erwies sich dabei der Film „On the Inside – Der Tod kennt keine Namen“ von Uwe Janson. Denn er präsentierte die in Deutschland aufgewachsene, gebürtige Nigerianerin Sheri Hagen erneut und zwar diesmal als herausragende Darstellerin. Als Überlebende eines Massakers im Kongo nimmt sie in einem Berliner Hotel den als Minister angereisten Verantwortlichen als Geisel und zwingt den Hotelmanager, Zeuge ihrer privaten Gerichtsverhandlung zu sein. Als dabei erneut die Stammeskonflikte aufbrechen, erschießt sie den hasserfüllten Bodyguard des Ministers. Schließlich wird auch der ahnungslose halbwüchsige Sohn des Ministers mit den Verbrechen seines Vaters konfrontiert. In diesem klaustrophobischen Kammerspiel über Verantwortung sieht sich der Betrachter in der Rolle des Deutschen, der nicht weiß, wem er glauben und wie er sich verhalten soll. -
Wider Willen in ein fremdes Schicksal hineingezogen wird auch ein französischer Bademeister in Calais, der in „Welcome“, einem Film von Philippe Lioret, an einen jungen kurdischen Flüchtling gerät, der vergeblich versucht hat, zu seiner geliebten Freundin nach England zu gelangen und nun den Ärmelkanal durchschwimmen will. Dabei gerät der brave Bürger in schwere Konflikte mit den eigenen Behörden. Die Vorführung des Werkes (Film des Monats 2/2010 der Ev. Filmjury) im traditionellen Nachgang zum Weltgebetstag der Frauen entwickelte sich anschließend zur lebhaften Fragestunde mit erfahrenen Flüchtlingsbetreuerinnen, „die viele solcher Schicksale genau so erlebt“ haben und um Unterstützung baten. Ein Teil des Eintrittsgeldes ging als Spende an WGT-Projekte.
Die Frage nach der Wahrheit
„Informiert Euch – seid nicht blind, schaut nicht weg!“ lautete der Appell. Die Frage nach der Verantwortung jedes Einzelnen stellten nahezu alle gezeigten Filme. Auch in „Fünf Jahre Leben“ des Münchners Stefan Schaller über das Schicksal des Deutsch-Türken Murat Kurnaz im berüchtigten US-Gefangenenlager Guantanamo wird dabei immer auch nach der „Wahrheit“ gefragt. Der dokumentarhaft nachgespielte Beitrag, der dieses Jahr beim Filmfestival von Saarbrücken den INTERFILM-Preis erhalten hat, soll am 23. Mai 2013 vollsynchronisiert mit der Stimme von Kurnaz in die Kinos kommen. Dass der 31jährige Regisseur sich wie auch andere junge Kollegen dem intensiven Gespräch mit dem bemerkenswert aufgeschlossenen Publikum stellte, gehörte zu den Pluspunkten dieses kleinen Festivals. Die Fragen bezogen sich auf die Dreharbeiten, die Begegnungen mit Kurnaz und auf die Auseinandersetzung mit Terror-Angst und den Grenzen des Rechtstaats. – Vom viel zu langen Wegsehen und Schweigen handelt auch der Film „Hannah Arendt“ von Margarethe von Trotta (Film des Monats 1/2013), den die Produzentin Bettina Brokemper mitgebracht hatte. So groß war der Zuschauer-Andrang, dass Cineworld-Leiter Kai-Uwe Theveßen den größten der sieben Säle fast zweimal hätte füllen können. Er will im April weitere Vorstellungen ansetzen. Der Mut, mit dem die streitbare Philosophin auch über die heiklen Aspekte des Eichmann-Prozesses in Jerusalem berichtete und kompromisslos eigenverantwortliches Denken einforderte, wirkt in der einfühlsamen Darstellung von Barbara Sukowa durchaus aktuell.
Zum Nachdenken boten aber auch die „kleineren“ Filme reichlich Stoff. Der Eröffnungsbeitrag „Abseitsfalle“ von Stefan Hering (Regie) und Beatrice Meier (Drehbuch) veranschaulicht die Wechselbäder, durch die eine junge Ingenieurin stolpert, die in ihrer Firma, einem Waschmaschinenhersteller im Ruhrgebiet, den Arbeitsplatz-Abbau von 400 Kollegen und Kolleginnen abwickeln soll. Der Betriebsratsvorsitzende der Bochumer Opel-Werke bescheinigte dem Sozialdrama, das der Konzernhärte und dem Karrierestreben Einzelner die menschlichen Tragödien der Betroffenen gegenüberstellt, genaue Beobachtung und Authentizität (Kinostart noch offen). Auf eher satirische Weise geht Konstantin Faigle das Thema „Frohes Schaffen – Ein Film zur Senkung der Arbeitsmoral“ an. Der Dokumentarfilm, der am 2. Mai in die Kinos kommen soll, hinterfragt die Arbeit als „geheime Religion des Menschen“ und führt sie in humoristisch aufgepeppten Szenen ad absurdum – von der Machart her ist das eigentlich eher etwas fürs Fernsehen und gewiss besser als Talkrunden.
Risikoreich: Filme über Kinder
Das wichtige Thema der Suche nach der eigenen Identität hat dagegen der Filmerstling von Carsten Unger, „Bastard – Faustrecht der Kindheit“, verspielt. Da kidnappt ein 13jähriger als Adoptivkind aus der Babyklappe seinen Halbbruder, um ihn noch vor der eigenen Strafmündigkeit zu ermorden und sich damit an seiner leiblichen Mutter zu rächen, und eine verliebte Klassenkameradin will dabei zuschauen. Die Polizei erfährt durch ein Handy-Video davon, kann den Verschleppten aber nicht finden. Diese unglaubhafte Gruselstory über kaltherzige bzw. alkoholkranke Eltern und ungeliebte Kinder ist auf über zwei Stunden in (schlechter) „Tatort“-Manier ausgewalzt. Dass das Werk dennoch diverse Auszeichnungen wie den Baden-Württemberg-Filmpreis errungen hat, verdankt es wohl der für ein Debüt erstaunlich sicheren Gestaltung des Plots und namhaften Schauspielern wie Martina Gedeck, Hanns Zischler und anderen (Kinostart am 18. April 2013). Da hatte diesmal der Kinderfilm „Tony 10“ von Mischa Kamp trotz seiner märchenhaften Szenen mehr Realitätsbezug. Selbst mit fantasievollen Anstrengungen kann der zehnjährige Tony die Trennung seiner zerstrittenen Eltern nicht verhindern, aber eine Freundin, selbst Scheidungskind, hilft ihm, sie positiv zu verarbeiten. Das gefiel dem jungen Publikum sichtlich - die verlogenen HappyEnd-Filme hängen den Kindern wahrscheinlich längst zum Hals heraus. „Tony 10“ bekam dafür den Kinderfilmpreis, den die Stadt und der katholische Kirchenkreis alljährlich vergeben. Nächstes Mal soll erstmals eine eigene Kinderjury dafür die Auswahl treffen. Diesmal hat sie ihn nur kritisch begutachtet und zustimmend kommentiert.
Zum Schluss sei noch der einzige dezidiert religiöse Film erwähnt, der die Zuschauer nachhaltig beschäftigte: „Mandala“. Christoph Hübner und Gabriele Voss haben anlässlich der Ruhrtriennale 2011 zehn Tage lang mit der Kamera sechs buddhistischen Mönchen zugeschaut, die in einer Industriehalle mit Steinstaub aus dem Himalaya ein fünf mal fünf Meter großes, kreisrundes und farbenfrohes Gebilde ausstreuten. Das meditativ nach uralter Tradition sonst nur in Klöstern geschaffene religiöse Kunstwerk ist üblicherweise nicht öffentlich zu sehen. Nach der Fertigstellung wird es zerstört, so auch hier, und der Sand wie die Asche aus einer Urne in die Emscher gestreut. Der Schock regt zum Nachdenken an über die Vergänglichkeit des Lebens, der auch das Wunderwerk des menschlichen Körpers nicht entgeht. Das Publikum empfand den Vorgang als fremdartig und fühlte sich dennoch angesprochen. Dass das Filmemacher-Paar auf „Kulturfilm“-Erläuterungen verzichtete und in großer Ruhe Raum zum Miterleben ließ, wurde dankbar anerkannt.
Nicht selbstverständlich: ein Kinofest der Ökumene
Das Recklinghäuser Publikumsfilmfestival, - eine eher bescheidene Einrichtung neben den etablierten großen Filmfestspielen, aber in seiner Ausrichtung einzigartig in Deutschland, - ist ein Ereignis, und das nicht nur für die Einheimischen und die aus der Umgebung Angereisten. Es ist auch ein Fest der Ökumene. Wo finden sonst so unterschiedliche Schirmherren wie die Evangelische Landeskirche von Westfalen, das Bistum Münster und die Stadt Recklinghausen zusammen? Mit seinen Partnern sei er „zutiefst überzeugt vom Wirken des Festivals“, versicherte Bürgermeister Wolfgang Pantförder. Wo sonst überbringt an einem Kinoabend ein Weihbischof die Grüße seines Bischofs, und an einem anderen rühmt eine Superintendentin den Dialog, der für „beide Seiten bereichernd und fruchtbar„ sei? Wer wie die Autorin dieses Beitrags in den 50er und 60er Jahren die Berührungsängste zwischen den Konfessionen und die geradezu panische Angst vor religiöser Überfremdung miterlebt hat, empfindet das heute geschwisterliche Miteinander in der Heimatstadt als ein Wunder wie nach dem Mauerfall. Das gilt aber auch fürs Kino. Da wirkt unter den Festival-Initiatoren mit Thomas Damm ein junger evangelischer Pfarrer mit, der jeden Monat in seiner Marler Gemeinde einen Filmabend mit Diskussion veranstaltet. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Evangelische Erwachsenenbildungswerk engagieren sich. Da leisten neben Förderern und Sponsoren Filmzeitschriften wie der katholische FILMDIENST und der evangelische EPD-Film Hilfestellung als Medienpartner. Und ein Landeskirchenrat rühmt öffentlich einen Vikar, der seine Examenspredigt wie ein Drehbuch aufgezogen hat, getreu der Bibel, die ja auch Szenen auszumalen pflege.
Kaum bekannt ist noch, dass es bereits nach dem Krieg – allerdings weitgehend unbeachtet von den Kirchen – vor Ort ein ungewöhnliches Interesse an Kinofilmen gab. Der Recklinghäuser Filmclub zog unter seiner Leiterin Dr. Eva M.J. Schmid schon damals Regisseure als Gäste an und bildete Filmkritikernachwuchs aus. Heute sind es junge Filmemacher, die dem Festival ihre neuesten Arbeiten anbieten, weil sie das aufnahmebereite Publikum schätzen. Und nachdem die kleineren Lichtspielhäuser von einst aufgeben mussten, übernimmt das Cineworld - anders als die Multiplex-Kollegen an anderen Orten – bereitwillig das Risiko, auch Filme zu zeigen, die nicht von vornherein gute Kasse versprechen. Kirche und Kino – hier sind sie eine zukunftsträchtige Verbindung eingegangen.